12.000 Gründe gegen Raubkopien
Raubkopien, so die landläufige Meinung, schaden vor allem den Softwarefirmen. Die sitzen in den USA. Wer also sein Betriebssystem aus dem Internet herunterlädt und mit einem KeyGen-Tool freischaltet, muss sich vielleicht mit eingebetteter Malware herumschlagen – aber bis auf ein paar Softwareentwickler auf der anderen Seite des Atlantiks schadet er ja keinem. Ein Kavaliersdelikt, vielleicht sogar ein Akt von zivilem Ungehorsam gegen gesichtslose Konzerne?
Viele IT-User scheinen diese Gedanken insgeheim nicht zu verurteilen. Dass sie dabei von falschen Voraussetzungen ausgehen, zeigt die aktuelle Studie “Piracy Impact Study: the economic Benefits of reducing software piracy“ der IDC. Denn nicht etwa internationale Unternehmen profitierten am meisten von einem hypothetischen Rückgang der Software-Piraterie. Nein, es ist der deutsche IT-Service-Sektor, Supportprofis, Vertrieb, Handel und nicht zuletzt der deutsche Staat. Alles, was dafür passieren müsste, ist ein Rückgang der sogenannten „Piraterierate“ – dem Anteil raubkopierter an allen eingesetzten Programmen – von derzeit 28 auf 18 Prozent bis zum Jahr 2013.
78 Prozent der Umsätze, die durch mehr legal erworbene Software entstünden, blieben hier im Land. Die Steuereinnahmen ( 1,7 Milliarden Euro in vier Jahren – etwas mehr als der Bundeshaushalt 2010 für den Bereich Umwelt- und Naturschutz, Energieeffizienz, Innovation und nachhaltiges Wachstum vorsieht kämen allen Deutschen gleichermaßen zugute. Mehr Umweltschutz durch weniger unlizenzierte Installationen – Green IT mal anders.
Doch das beste Argument sind meiner Meinung nach die zusätzlichen Arbeitsplätze (12.000 – quasi ein halber Karstadt-Konzern), die durch die Reduzierung der Piraterierate entstünden. Mit ihnen bekommt die Software-Piraterie auf einmal ein Opfer, und das Verbrechen damit ein Gesicht. Wer Freunde oder Verwandte hat, die in der Krise ihren Job verloren haben, oder wer selber eine unfreiwillige Auszeit vom Beruf nehmen musste, der tut sich schwer, jetzt noch von einem „Kavaliersdelikt“ zu sprechen.
Ein Rückgang raubkopierter Programme um zehn Prozentpunkte ist nicht unmöglich. Unser Nachbar Luxemburg oder die USA machen vor, dass niedrige Raten (21 beziehungsweise 20 Prozent Piraterie) kein unerreichbares Ziel sind, am Beispiel Russland zeigt sich, dass zehn Prozentpunkte innerhalb weniger Jahre (2006: 80 Prozent, 2009: 67 Prozent Piraterie) zu schaffen sind.
Übrigens: wer nicht anders kann und beim Wort „Piraterie“ gleich an die Karibik denkt: 2009 hatte Puerto Rico 46 Prozent raubkopierter Programme, die Dominikanische Republik (Teil von Hispaniola) 77 Prozent. Das berühmte Tortuga liegt als Teil Jamaicas bei 83 Prozent, so die IDC. Aber denken Sie nicht an Jonny Depp. Denken Sie an Theo Turnschuh, ihren freundlichen IT-Profi von nebenan. Er und 11.999 seiner Kollegen hoffen, dass das Szenario der IDC Wirklichkeit wird.
vibrio stellt mit dieser Studie in Deutschland einen neuen Kunden vor: Die Business Software Alliance (BSA). Wir freuen uns darauf, mit dem Branchenverband der Softwareindustrie interessante, innovative Projekte umzusetzen.
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