Aggregatszustände von Twitter – paper.li im Einsatz

„Wir machen die News nicht, wir aggregieren sie nur.“

Macht sich noch wer Gedanken, wie man mit Twitter mal Geld verdienen kann? paper.li ist der beste Ansatz bisher. Warum? Weil er uns gibt was wir wollen – gesammelte Infos zu einem Thema, übersichtlich aufbereitet, leicht weiter zu geben, kostenlos und vor allem ohne Arbeitsaufwand beim Suchen – und gleichzeitig einen perfekten Kanal für sehr Interessen-gezielte Werbung bietet. Bisher scheint diese noch nicht geschaltet zu werden, aber es kann nur eine Frage der Zeit sein. Bis dahin haben wir, die Twitterer, Themen- und Newssucher, ein wunderbares Tool an der Hand. vibrio hat es getestet.

paper.li ist ein Aggregator für user-generated Content in Twitter und Facebook. Das bedeutet, dass der Dienst diese Netzwerke nach Suchbegriffen durchsucht, die wir ihm vorgeben können. Aus diesen erstellt er täglich eine Online-Zeitung. Diese wird automatisch auf Twitter über unseren Account beworben, lässt sich natürlich auch auf Facebook gefällt-mir-verlinken und enthält neben den gefundenen Tweets auch noch Auszüge aus eventuell verlinkten Sites inklusive Bildern.
IBM nutzt dieses Angebot mit großen Erfolg – rund 1700 Aufrufe hat der IBM Blue Blog Daily Stand heute. Wie gut lässt sich paper.li also für unsere Zwecke einsetzen?

Zum Test habe ich am 23.3.2011 den vibrio Urheberrechts-Aggregator gestartet. Er bezieht seine Quellen aus Twitter, mittels der „Maßgeschneiderte Zeitung“-Option (die anderen Optionen scheinen mir ungeeignet bzw. sind noch nicht ausgereift – siehe „Verbesserungsvorschläge und Wünsche an SmallRivers). Diese greift auf eine „Advanced Seach“ auf Twitter zurück, die allerdings auch noch verbesserungswürdig ist: so funktionieren etwa die Booleschen Operatoren noch nicht so recht, auch die Suche nach dem Ort spuckte bei meinem Test keine verwertbaren Ergebnisse aus. Für meine Zwecke nicht von Belang, aber wenn ich etwa Restaurant-Kritiken in München sammeln wollte, hätte ich ein Problem.
Von großem Wert sind dagegen die Auswahl der Sprache und der „Containing Link“-Filter, der weiterführende Tweets („Hier gibt es die besten Hamburger: burgerwurger.de“) von reinem Geblubber („Ich hätte gerne einen Burger! Hunger!“) trennt. Es ist auch möglich, nur Tweets von Usern einer bestimmten Twitter-Liste zu berücksichtigen. (Hier werden zum ersten Mal Twitter-Kontakte direkt wertvoll. „Gute Twitterlisten sind Bankkonten“ wird bald das neue „Visitenkarten sind Geldscheine“).

Der vibrio Urheberrechts-Aggregator als paper.li

Die Sonntagsausgabe des vUA

Was waren die Ergebnisse? Ich versuchte mich an einer Reihe von Suchbegriffen (Copyright, Copyleft, Urheberrecht, geistiges Eigentum…) und wartete auf meiner erste Ausgabe, die nach etwa einer Minute erschien. Ich hatte einen unpassenden Tag erwischt: Das Urteil im Rechtsstreit um Googles Buchprojekt füllte alle relevanten Schlagzeilen, und so sah mein paper.li auch aus wie ein Copy&Paste-Unfall. 16 Mal die gleiche Meldung – was hier fehlt ist ein Filter.
Am nächsten Tag sah das Endprodukt allerdings schon besser aus. Nur sechsmal Google vs. Buchverband, dafür eine störende Amazon-Buchwerbung. Ich änderte meinen Suchalgorithmus und fügte amazon, ebay, xing und shop als Begriffe ein, die in den Fundstellen nicht vorkommen sollten. Was nichts half – Amazon taucht weiterhin auf. Ich vermute, dass hier vielleicht doch schon bezahlte Inhalte platziert werden.
Dennoch sahen die folgenden Ergebnisse des vibrio Urheberrechts-Aggregator immer besser aus. News und Fachblogs aus einem großen Spektrum von Quellen finden sich im vUA, der ganz brauchbare Abrufszahlen hat. In den 5 Tagen seines Erscheinend habe ich 10 neue Follower gewonnen (zum Glück nicht nur Bots). Ein Grund für diesen Effekt dürfte sein, dass die paper.li-Ausgaben auf Twitter mit Erwähnung der User angekündigt werden, die dort erscheinen. Wenn Sie ein Twitter-User sind, dürfte ihnen das auch schon passiert sein. Vielleicht haben Sie sich gewundert, eventuell geärgert, aber geklickt haben Sie auch, oder? Wenn das paper.li interessant genug war, könnten Sie sie abonniert haben, vielleicht sogar per E-Mail.

Verbesserungsvorschläge und Wünsche an SmallRivers
Optionen für "Zeitung erstellen" bei paper.liDie „Maßgeschneiderte Zeitung“ ist eine großartige Möglichkeit, ein paper.li zu erstellen. Die anderen Optionen dagegen taugen kaum etwas. Am ehesten noch „…aus einer Twitter-Liste“, mit der ich etwa unsere „The team Daily“ erstellt habe. Obwohl ich die Kollegen jeden Tag sehe und ihnen bei Twitter folge, bin ich immer wieder überrascht davon, was hier erscheint. Die Zeitungsoptionen „…aus einem Twitter #Tag“ und „…aus ihrem Twitter-Konto“ sind dagegen nur graphisch aufgemotzte Tweet-Decks.
Ein völliger Reinfall ist bis dato die „Facebook Zeitung“ („im Test“) – ich habe bisher noch kein einziges Ergebnis daraus erhalten, und dass obwohl ich etwa für meinen „Oracle FB Monitor“ ein wirklich breitenwirksames Thema habe.
Dass die Zeitungen nur in täglichem, halbtäglichem oder längeren Takt erstellt werden, liegt sicher an Kapazitätsproblemen, ähnlich wie die Limitierung auf aktuell 10 paper.li. Es ist auch ausreichend für die produktive Phase, aber bei der Erstellung wäre es hilfreich, mehr herum spielen zu können. So wie es jetzt ist, gibt man für eine neue Zeitung Suchparameter an, bekommt ein Ergebnis, modifiziert die Parameter – und muss bis zum nächsten Tag warten, um die Auswirkungen zu sehen.

Fazit:
paper.li ist noch nicht ausgereift. Die Facebook-Suche funktioniert offenbar nicht, und die Trennung von Inhalten aus Facebook und Twitter ist idiotisch. Ebenso fehlt die Option, die Ergebnisse zu kuratieren, also Unpassendes zu streichen.
Andererseits ist der Aggregator so einfach wie man es sich nur wünschen kann, und ideal in das Twitter-Universum eingebunden. Wenn man die Möglichkeiten der Suche voll ausreizt, kann man erstaunlich gute Ergebnisse erzielen. Dass die eigenen Posts prominent platziert werden, schmeichelt dem eigenen Ego (dem Antrieb von 90 % aller Social-Media-Aktivitäten) und eröffnet die Möglichkeit, sich selber als Teilnehmer bei der öffentlichen Debatte zu einem bestimmten Thema zu platzieren. Wenn jetzt die Anbindung an Facebook noch besser wird, vielleicht auch noch an andere, business-orientierte Netzwerke wie Xing oder linked.in, dann wird der Aggregator aus Lausanne („Wer hat’s erfunden…?“) aus dem Werkzeugkasten von Kommunikationsabteilungen nicht mehr weg zu denken sein. Einfach als quick-and-dirty-Tool zur Überwachung eines Themas ist sie schon jetzt hervorragend geeignet.

 

5 Kommentare
  1. Jessica Schmidt says:

    Danke für den ausführlichen Test und die Tipps, Michael. Ich trage mich schon eine Weile mit dem Gedanken, paper.li mal zu probieren – let’s see 🙂

  2. Michael Kausch says:

    Danke für das ausführliche Testing. Nachdem ich paper.li im vergangenen Herbst für mich „entdeckt“ hatte (https://www.vibrio.eu/blog/?p=2342) hab ich die Sache nicht mehr weiter verfolgt. In den letzten wochen aber konnte ich feststellen, dass mehr und mehr seriöse Blogger und Unternehmen – wie z.B: die IBM – dieses Tool erfolgreich einsetzen. Die schwache Punkt it wohl – da gebe ich Dir recht – die mangelhafte Möglichkeit individuell zu streichen.

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  1. […] präsentiert die Inhalte auf einer eigenen Seite, ähnlich wie bei einem Twitter-Suchbegriff oder paper.li. Google will dabei Wert legen auf Content, der Social-Media-relevant ist. Eine alte News zum Tod […]

  2. […] paper.li erlaubt nun Streichung, Titelgeschichte und Personalisierung Tweet Es ist gut 2 Monate her, dass ich paper.li für mich entdeckt hatte. Der kostenlose Dienst sammelt Twitter- und […]

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