Arbeit im Home-Office ohne Nervenzusammenbruch
Oder: Wieso das Team ein entscheidender Faktor ist, damit die Arbeit im Home-Office für alle zum Erfolg wird. Geschrieben von einem Mitarbeiter einer Firma, die das „vorbildlich“ macht, wie die W&V bestätigt.
Während der Autor diese Zeilen schreibt, reicht er dem Kleinkind neben ihm ein Kinderbuch. Dann, eine Minute später, das nächste. Ähnlich ging das letzte Woche: während er eine Online-Zertifizierungs-Prüfung ablegte, schunkelte er den Nachwuchs auf dem Knie, während er dem großen Bruder in der Küche Anweisungen zum Zubereiten des Abendessens zurief.
Arbeit im Home-Office ist anders
Die Zertifizierungsprüfung war erfolgreich, am Abendessen hat sich keiner vergiftet, und dieser Beitrag ist hoffentlich gleichermaßen unterhaltsam wie informativ. Die einleitende Anekdote aus einer Zeit, in der das Home-Office notgedrungen zum Standard und die Kinderbetreuung zwangsweise zur Zusatzaufgabe werden, soll vor allem eines illustrieren: die Arbeit von Zuhause ist anders. Sie erfordert ein grundlegendes Umdenken bei der Selbstorganisation und der Organisation der Arbeit. Dann aber ist sie ein Erfolgsmodell, dass das Leben bereichert und die Produktivität steigert. Die Kniffe und Tricks, die man sich angewöhnt und die man im Team umsetzt, machen die Arbeit im Home-Office auch in der aktuellen Situation einfacher.
Mehr Kommunikation auf mehr Kanälen
Dafür muss das Team und der Arbeitsplatz entsprechend ausgelegt sein. Die üblichen Kanäle, auf denen wir miteinander kommunizieren, ändern sich. Der Zuruf über den Bürotisch hinweg funktioniert nicht mehr – hier müssen andere Wege gefunden werden. Idealerweise sollte es Kanäle für Echtzeit-Kommunikation geben (der Anruf, die Videokonferenz), solche für Nahzeit-Kommunikation (Messenger oder Teamchat-Tools wie Slack) und solche, die langsam, aber sehr tiefgreifend Informieren und eine Vielzahl an Arbeitsmittel einbinden können: die E-Mail ist hier das geeignete Format. (A propos: eine Reihe von hilfreichen Tipps, wie man in einer Videokonferenz auch von Zuhause aus ein gutes Bild macht, findet sich in der New York Times).
Ähnlich ist auch die Team-Organisation am besten mehrschichtig: es gibt fixe Termine aller zur gemeinsamen Ein- und Abstimmung (hier hat sich eine tägliche Videokonferenz kurz nach dem Arbeitsbeginn bewährt), aufgabenspezifische Telefonate zur Abstimmung zu zweit oder zu dritt, die auf Zuruf organisiert werden, oder wöchentliche Projekt-Meetings, um aus den Ergebnissen der einzelnen Mitglieder einen Gesamtüberblick zu gewinnen. Jede von diesen Organisationsstufen hat ihre eigenen ungeschriebenen oder ausdrücklichen Regeln zum Vorlauf, zum Rahmen und zur Frage, was und von wem etwas vorbereitet werden muss. Last not least sollte eine sehr wichtige und sehr frei gehaltene Form der Team-Kommunikation nicht vergessen werden: der virtuelle Kaffeeküchen-Tratsch. Spontan per Telefon, am Rande eines anderen Meetings oder zwischendurch im Messegner: es ist für die Motivation jedes einzelnen so wichtig wie der monatliche Gehaltsscheck, dass er oder sie weiß: das Team besteht aus Freunden, die alle ihre eigenen Herausforderungen bewältigen müssen. Ab und zu ist ein formloser, nicht geplanter Plausch genau der richtige Weg, um neue Lösungen zu finden oder einfach mal Dampf abzulassen.
Und die Arbeit?
Schön und gut, aber wann bleibt Zeit für die eigentliche Arbeit? Hier wird eine neue Selbstorganisation wichtig. Anders als im Standard-Büro unterscheide ich zwischen drei Arbeitsmodi: die sanfte, die harte und die kreative Arbeitszeit.
In der sanften Arbeitszeit kann man alles erledigen, was unterbrochen werden kann, wo Ablenkungen dazu führen, dass man etwas länger braucht, nicht aber, dass man von vorne anfangen muss. Texte korrigieren ist ein perfektes Beispiel, ebenso Buchhaltung und Abrechnung.
Harte Arbeitszeit dagegen erfordert den „Flow„. Unterbrechungen sind hier extrem störend. Die Tür zum Home-Office bleibt zu, der Kaffee und ein Keks liegen neben dem Monitor bereit, so dass man nicht aufstehen muss, um sie zu holen. Im „Flow“ lassen sich geistig anspruchsvolle Aufgaben am besten erledigen – Texten, das Erstellen von Konzepten oder Präsentationen.
Am schwierigsten zu erreichen ist die kreative Arbeitszeit. Nicht jede Uhrzeit funktioniert (bei mir ist es der Morgen und der späte Nachmittag), und man braucht spezielle Voraussetzungen dafür. Manche Menschen schwören auf Musik, andere auf eine manuelle Beschäftigung. Vor allem aber muss man diese Arbeitszeit bewusst planen und sich vornehmen, sich Gedanken zu einem spezifischen Problem zu machen. Meiner Erfahrung nach hilft ein Notizblock, um die flüchtigen Gedanken festzuhalten, aber ein Monitor oder eine Tastatur sind tödlich: sie lenken ab.
Einteilung ist alles für die Arbeit im Home-Office
Wie lassen sich diese Anforderungen unter einen Hut bringen – die Team-Termine (und ad hoc Anforderungen) und die verschiedenen Arbeitstypen? Es ist vielleicht die größte Anforderung beim Umstieg auf die Arbeit im Home-Office. Man muss den Tag entsprechend planen, und die Disziplin aufbringen, diesen Plan einzuhalten.
Dabei helfen die fixen Team-Termine, quasi als eine Art Grundgerüst. Die Zeit dazwischen anhand der anstehenden Aufgaben den verschiedenen Arbeitstypen zuzuteilen, ist dann eine Frage der häuslichen Organisation. Wenn ich meine Katze sage, dass ich von elf bis eins im „Flow“ bin, muss sie sich ihr Futter eben selber besorgen. Oder ich plane diesen Teil meiner Arbeitsumgebung entsprechend, und nehme mir vor, ihr um Viertel vor elf eine Dose Futter aufzumachen. Die Selbstorganisation und die Organisation der Umgebung gehen oft Hand in Hand.
Spätestens hier ein Caveat: die Selbstorganisation der Arbeit im Home-Office führt zu einer Flexibilisierung. Dadurch, dass man im Prinzip von überall und immer arbeiten kann, wird man früher oder später auch mal um Mitternacht für den Job am Rechner sitzen, am Wochenende oder sogar im Urlaub arbeiten. Alles schon vorgekommen. Der Betriebsrat wird hier mehr rote Flaggen sehen als bei einer Parade vor dem Kreml. Die Bedenken, dass sich ein Mitarbeiter selbst ausbeutet, müssen ernst genommen werden – vom Chef, von den Kollegen und von einem selbst. Ich muss selber darauf achten, dass das nicht passiert. Meine Kollegen müssen es akzeptieren, und der Chef das Vertrauen haben, dass ich ihn im Gegenzug nicht um die Arbeitsleistung bringe. Gerade für Berufseinsteiger und junge Kollegen in der Probezeit eine doppelte Herausforderung. Es hilft, wenn ein Kollege mit mehr Erfahrung oder einer aus der Agenturleitung hier frühzeitig ein klares Signal setzt. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Tag, als ich ein paar Überstunden einlegen wollte – und die deutliche Ansage erhielt, mir nicht unnötig ein Bein auszureißen. Der Erfolg im Job ist ein Langstreckenlauf, und dafür braucht man zwei davon.
Die Arbeit ist ganz anders. Wenn ich home office arbeite dann erstens sehr eingeschränkt und zweitens muss ich mich selbst immer 100Mal mehr motivieren als sonst. Geht bestimmt vielen so.
liebe Grüße
tina von wimpernverlängerung salzburg