Besser als der Facebook-Algorithmus: der User bekommt die Wahl
Neulich hat ein entfernter Bekannter von mir Geburtstag gehabt. Ich war nicht eingeladen, habe aber auf Facebook seine Partyfotos geliked und einen jovialen Kommentar hinterlassen. „Der Grillmeister und sein neues Werkzeug in action“ oder so ähnlich. Weil man das eben macht, und weil es auffallen könnte wenn ich bei den „Likes“ fehle. Ein meta-like sozusagen, eine strategische Entscheidung. Ich habe wenig Interesse, mehr aus dem Alltag meines Bekannten auf Facebook zu erfahren. Aber der Facebook-Algorithmus versteht das nicht: die Posts, die Leute und die Inhalte mit denen ich interagiere dienen als Basis der Posts, die ich zukünftig in meiner Timeline sehe. Andere Sachen werden unterdrückt. Irgendein Entwickler glaubt, besser zu wissen als ich selber, was ich sehen will. Das konnte nicht funktionieren, und deswegen wird es geändert: Facebook gibt seinen Usern die Wahl, zu sehen was sie interessiert. Vor allem für Unternehmen ist das wichtig.
Big Brother ist watching what you like – der Facebook-Algorithmus und seine Beschränkungen
Gestern hat das führende soziale Netzwerk die Änderungen angekündigt, die in den nächsten Tagen in iOs, Android und Web-Oberfläche umgesetzt werden. Unter den „Einstellungen“ soll es die Option geben, User und Pages zu wählen, deren Posts man bevorzugt sieht. Andere kann man heimlich unterdrücken. Das tausendste Hundefoto meiner Sport-Freundin könnte ich damit vermeiden (im Sinne des Bürofriedens: es geht ausdrücklich nicht um Kollegin Biancas Hund!), dafür verpasse ich die updates von den hippen kleinen Bands nicht mehr, die (ohne Werbebudget auf deren Seite) mysteriöserweise selten auftauchen, egal wie oft ich sie geliked habe.
Was bedeutet die neue Freiheit für das Netzwerk?
Man darf darüber streiten, ob dieser Schritt ein Eingeständnis ist, dass die reine Wahl durch den Algorithmus nicht funktioniert (mein persönlicher Eindruck ist, dass er schlechte Arbeit leistet), oder Facebook damit versucht, noch mehr über die Präferenzen der User heraus zu finden (nur weil ich, sagen wir, Pepsi vor Monaten eines Gewinnspiels wegen geliked habe muss das nicht bedeuten, dass ich das Zeug wirklich trinke. Mit dieser Funktion könnte ich das klarstellen.) Deutlich wird aber, dass es Unternehmen die Möglichkeit gibt, die miserable organische Reichweite ihrer Unternehmensseiten zu verbessern. Bislang mussten sie dazu in die Brieftasche greifen um ihre Posts zu „boosten“ (womit die Reichweite nicht mehr „organisch“ war). Jetzt kann der User das für sie tun, indem er ihre Inhalte zu seinen persönlichen Favoriten zählt. Inhalt und Kundenmehrwert sowie die Loyalität zur Marke werden wieder wichtiger.
Ob das dazu führt, dass der Facebook-Auftritt für Unternehmen an Bedeutung gewinnt? Werde ich dem restriktiven sozialen Netzwerk wieder mehr abgewinnen können? Ich habe meine Zweifel. Und wenn ich in Zukunft nicht mehr zum Geburtstag gratuliere, habe ich nicht einmal mehr die Ausrede, dass Facebook es mit nicht gezeigt habe.
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