Das große Sterben: Aus für Lokalisten, StudiVZ und andere?
Dass der Siegeszug von Facebook für die Betreiber nationaler sozialer Netzwerke wie Lokalisten und StudiVZ zu einer ernsten Bedrohung wird, muss nicht überraschen. Martin Weigert hat auf netzwertig.com am Beispiel Schwedens gezeigt, wie schnell der Verdrängungsprozess vonstatten gehen kann. In Schweden hatten sich mit Lunarstorm und Playahead schon recht früh zwei starke nationale soziale Netze etablieren können. Lunarstorm aber sind von 1,7 Millionen wöchentlichen Besuchern im Jahr 2006 heute nur noch 100.000 geblieben. Das Netz wird im Sommer vom Netz gehen und damit Playahead folgen. Die sind schon länger tot. Verdrängt von Facebook, das heute fast jeder zweite Schwede aktiv nutzt.
In Deutschland hat sich der Markt für soziale Netze im Vergleich zu Schweden mit einigen Jahren Verzögerung entwickelt.
Vielleicht also ist Schweden ein gutes Beispiel für die Probleme, in die unsere nationalen Networks noch geraten werden. Der Markttrend spricht eine eindeutige Sprache:
Diese Google Statistik (Quelle: Martin Weigert) belegt, wie Facebook die klassischen sozialen Netze in Deutschland derzeit abhängt.
Einzig den beiden professionellen Business-Networks Xing und LinkedIn scheinen bislang gegen Facebook bestehen zu können. LinkedIn konnte nach eigenen Angaben in den vergangenen 111 Tagen seine globale Mitgliederzahl von 60 auf 70 Millionen erhöhen. In Deutschland sei die Zahl der aktiven Mitglieder sogar innerhalb von einem Jahr um 513 Prozent gewachsen.
Facebook, Xing, LinkedIn – wer braucht mehr, als drei Netze? Wie heisst es so schön im Prediger 4.14.: „Einer mag überwältigt werden, aber zwei mögen widerstehen; und eine dreifältige Schnur reißt nicht leicht entzwei.“ Und jetzt wissen Sie auch, in welchen drei Netzen ich mich herumtreibe …
Im Fall von StudiVZ und Lokalisten kann das auch wirklich niemandem Leid tun.
StudiVZ war von Anfang an ein schlechter Facebook-Klon. Sogar die damaligen Icons wurden von Facebook „geliehen“. Schamlos nennt man das, und das Monokel fällt aus dem Augenwinkel.
Facebook hat sich laufend weiterentwickelt und gibt (leider!) den Takt – und versucht, offenen Alternativen von vornherein das Wasser abzugraben, indem sie auf offene Protokolle wie OpenGraph setzen. Clever!
StudiVZ wird von Stümpern betrieben und hatte seinen zweifelhaften Ruf (wir erinnern uns an das inoffizielle StudiVZ-Mashup?) schon Jahre vor Facebook weg.
Und Lokalisten? Begann als charmante, Münchner Alternative und ist als Franchise-Debakel von Pro7 geendet. Seitdem überladen von Werbung und immer noch von denselben Bugs durchsetzt, wie in seinen Kindertagen.
An dieser Stelle könnte man wunderbar über Continuation-Frameworks lästern, aber das tue ich lieber an anderer Stelle.
Und Innovation? Klar, in den Werbemaßnahmen.
Schade, wo die Nebengleise der Pro7Sat1-Media doch sonst so gut laufen … oh, nein, das sind ja alles Flops.
Wenn es nach Pro7 ginge, würden wir alle mit T-Shirts der „WE LOVE“-Collection vor unseren Rechnern sitzen und auf Lokalisten eifrig über die dortigen *Gästebücher* (na? Wer erinnert sich?) diskutieren, wer das dollste Top-Model auf MyVideo ist, und welchen B-Film wir auf Maxdome anschauen wollen. Tut aber keiner.
Stattdessen posten wir unsere Belanglosigkeiten in 140 Zeichen und lassen es Gott und die Welt aggregieren. Nur nicht Lokalisten: Deren Twitter-Service ist erbärmlich.