Die Frauenquote des Internets

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Was für ein schönes Jahrtausend. Sexismus? Passé, in der entwickelten Welt. Alice Schwarzer sucht sich bald ein neues Hobby, denn überhaupt ist spätestens seit Web 2.0. die soziale und politische Kommunikation „crowdsourced“, ein Grassroots-Phänomen, an dem alle Menschen frei und gleich teilnehmen können. Potentaten in Nordafrika erzittern vor Twitter, Facebook hat mehr Macht als Radio Free Europe, Wikileaks gibt auf der Bühne der Weltpolitik einen Elefanten im Porzellanladen, der sämtliche politischen Selbstdarsteller erblassen lässt. Das Internet verändert die Welt ganz grundlegend. Sogar die spöttischen Stimmen sind verstummt, die zumindest sein frühes Wachstum allein dem unbegrenzten Zugang zu unanständigen Bildchen zuschreiben.

Doch wem gehört das Internet? Wem vertrauen wir, wenn wir die Wikipedia als Bibel der Allgemeinbildung verwenden? Wir treffen einen alten Bekannten an der Wurzel der neuen Weltordnung: Das Patriarchat.

Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte

Eine Suchanfrage sagt mehr als Tausend Worte.

Das beginnt schon bei der zugrunde liegenden Technik. Wer hat die Technik des neuen Mediums in der Hand? Wenn ein fleißiger Mitarbeiter in einem Medienhaus den Hörer abhebt um in der IT-Abteilung um Hilfe zu bitten, weil sein CD-Fach klemmt: kommt dann der rettende Technikengel in rosa Turnschuhen oder in himmelblauen (naja, oder eher staubgrauen)? Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen fordert eine Frauenquote in den Chefetagen. Vielleicht sollte sie es erstmal im IT-Bunker versuchen. Oder ist das ein neues Betätigungsfeld für Frau Schwarzer?

Auch die Inhalte sind eine Männerdomäne: Mag sein, dass Jedermann und -frau Autor der Wikipedia sein kann. Tatsächlich sind es aber zu 88 % Männer. Bei den Admins liegt der Wert bei rund 80 Prozent, plus ein großes X aus nicht Bestimmbaren (auch das gibts nur im Internet). Die New York Times berichtet in ihrem aktuellen Artikel „Define Gender Gap? Look Up Wikipedia’s Contributor List“ von unter 15 % WikipedianerInnen international. Ein Ziel der Wikimedia Foundation ist die Steigerung auf bescheidene 25 %.

Wer die Nachrichten schreibt – oder das Lexikon – , der bestimmt die Welt. Oder, mit Jim Morrison gesagt: „Wer immer die Medien kontrolliert, kontrolliert den Geist.“

5 Kommentare
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    Alexander Broy says:

    Dafür schnattern und socializen die Mädchen bei Facebook und Konsorten. Sie haben in Social-Networks die Nase vorn. Schöne neue Welt der alten Rollenmodelle.

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    Michael Höppner says:

    Ja nun, das ist teilweise wahr: 57% ist der Frauenanteil bei twitter und facebook angeblich (https://inthechaos.de/blog/?p=666), andere Dienste haben Gleichverteilung oder Männerüberhang (aber viele tatsächlich auch mehr Frauen). Doch auch hier wieder: die Hand an der „Sperren“-Taste haben mehrheitlich Männer (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/151778/umfrage/geschlechterverteilung-bei-bloggern-und-forenbetreibern-in-deutschland/).

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    Madeleine says:

    Frauen pflegen ihr Netzwerk – offline wie online. Wer mir dafür das Telefonkabel legt, den Wi-Fi-Spot einrichtet oder das Auto instand hält, ist mir ziemlich egal. Ich möchte es gar nicht selber machen! So zwitscher ich lieber mehr oder weniger Nützliches und poste unsinnige Dinge auf FB, die sogleich kommentiert werden als langwierige Recherchen für die Wiki anzustellen. Ersteres erledige ich mal kurz zwischen Küche, Hausaufgaben mit dem Kind und Staubsaugen – wie der Großteil der Social Media affinen Frauen 😉

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    Michael Höppner says:

    Ein paar aktuelle Trackbacks:
    Slate.com hat eine Kritik des Artikels in der New York Times verfasst (https://www.slate.com/id/2284501/pagenum/all/#p2) und kommt zum gleichen Schluss wie Madeleine und Alexander: „males and females have different interests and preferred ways of spending their free time“ („Männer und Frauen haben unterschiedliche Interessen und Vorlieben, wie sie ihre freie Zeit verbringen“). Allerdings kommt Slate etwas pauschal zum Schluss „Wikipedia’s gender imbalance is a non-problem in search of a misguided solution.“ („Die ungleiche Verteilung der Geschlechter in der Wikipedia ist ein nicht existentes Problem auf der Suche nach fehlgeleiteten Lösungen.“) – ich bin mir da immer noch nicht so sicher.

    Ach, und die Taz hat den NYT-Artikel (einen Tag nach dem Dampflog) ebenfalls zusammengefasst: https://www.taz.de/1/netz/netzkultur/artikel/1/wissen-fuer-alle-aber-nur-von-maennern/

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    Michael Höppner says:

    Aktuell äußert sich übrigens Frau Professorin Barbara Schwarze, die im Nationalen Pakt für Frauen in Mint-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) mitwirkt, für mehr Frauen in der IT. Sie ist der Meinung „Wenn wir in einer Arbeitsgruppe zu 85 Prozent junge technikbegeisterte Männer haben, kann das nicht gut sein.“

    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Expertin-Mehr-Frauen-in-der-Informatik-wuerden-allen-guttun-1203918.html

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