Die Rolle des CEO in der Pressearbeit

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CEO-Interview Begruessung

Die Aufgaben des Top-Managements, also Chief Executive Officer, Vorständin oder Vorstand, Geschäftsführerin oder Geschäftsführer, innerhalb des Unternehmens sind klar, und auch in der internen Kommunikation ist die Rolle geregelt: Als Identifikationsfigur hält sie oder er den Laden zusammen, sorgt für leidenschaftliches Engagement seiner Mitarbeitenden oder für scharenweise Wechselwillige. Unter seiner Führung weiß jede und jeder, was zu tun ist und wohin sich das Unternehmen bewegt. Der Erfolgsgrad der Unternehmensführung gemäß Personalmanagement ist, mit einigen Abstrichen, auf Kununu nachzulesen. In der Außenkommunikation und hier im speziellen in der Pressearbeit hat der Auftritt des CEO noch mehr Gewicht. Die Rezipienten sind Kunden, potenzielle Kunden, Geschäftspartner, Zulieferer, Marktbeobachter, Investoren und Groß- und Kleinanleger. (Im Folgenden fasse ich Unternehmenslenker der Kürze wegen unter dem Sammelbegriff CEO zusammen.)

Was bewirken Pressegespräche?

Vertrauen: Marken sind abstrakt, Unternehmen nicht greifbar. Doch dabei ist die wichtigste Währung für Unternehmen das Vertrauen in Stand und Zukunft der Firma. Der CEO ist das Gesicht und die Stimme des Unternehmens, ein Mensch, greifbar, einschätzbar, glaubhaft, Diskussionspartner und damit unabdingbar in der Pressearbeit. Niemand sonst im Unternehmen kann die Geschäftsstrategie überzeugender darlegen.

Ein Paradebeispiel für die Bedeutung von Pressegesprächen eines CEO ist der Bayer-Konzern: Er steckt seit einigen Jahren der Krise. Eine umfassende Reorganisation unter dem Titel „Zukunftskonzept“ hat der neue Chef Bill Anderson in Aussicht gestellt und auch eingeleitet. Die Presseinformation zur Hauptversammlung am 26. April 2024 trägt die Überschrift „Vertrauen wiederherstellen und Performance von Bayer verbessern„.

Mitarbeitende, Aktionäre und Analysten warten nun ab, hoffen und lesen. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt. Man könnte das mit Blick auf den Aktienkurs fast wortwörtlich nehmen. Anderson muss mit der nationalen und internationalen Presse sprechen, wenn er die Öffentlichkeit überzeugen und das Vertrauen wieder aufbauen will. Dabei sorgen markige Sätze, wie sie US-amerikanische Manager gerne und erfolgreich nutzen, für noch mehr Aufmerksamkeit als es die Sache an sich schon verdient. „Es wird weniger Bosse geben“, fasst Anderson eine riesige Neustrukturierung in fünf Worten zusammen, die den Giganten auf den Kopf stellt. Natürlich ist dieser Satz gründlich überlegt und zielt darauf ab, eine griffige Schlagzeile anzubieten. Anderson ist auf Redaktionstour, er spricht mit führenden und reichweitenstarken Medien, auch begleitet von Interviews auf YouTube. Maximale Öffentlichkeit ist das Ziel und wird erreicht. Nach seiner Skizze des Unternehmensumbaus hält er die Wirtschaftspresse auf dem Laufenden.

Transparente Unternehmensführung

Welche Lehren gibt der Fall Bayer mit auf den Weg? Man stelle sich den gleichen Sachverhalt ohne Presseinterviews vor, in denen der Chef seine Strategie und Maßnahmen erklärt, jede Frage beantwortet und die Planung für die Zukunft transparent macht. Bayer wäre eine Blackbox. Das Rätselraten um die Gesundung des Unternehmens würde weitergehen, der Interpretationsspielraum bliebe die Basis für Spekulationen in jede Richtung. Märkte wollen ihre Player jedoch einschätzen können.

Deshalb ist Bayer bei seinem vermeintlichen Comeback auf die Presse angewiesen. Journalistische Finanzexpertinnen und -Experten durchleuchten die Aussagen Andersons gründlich und kommentieren sie. Darauf legen Marktteilnehmer großen Wert. Gilt „ein Mann, ein Wort“? Ist er ein Blender oder Macher? Der Erfolg des internationalen Konzerns mit rund 100.000 Beschäftigten hängt unter anderem davon ab, ob man Anderson glaubt und er einen Vertrauensvorschuss bekommt. Das kann Anderson steuern, das hat er in der Hand; nicht aber die externen Faktoren wie die noch offenen Klagen in den USA.

Sicherlich, der Bayer-Konzern ist ein zugespitztes Beispiel für CEO-Außenkommunikation, dessen Umfang und Anlass auf die wenigsten Firmen übertragbar ist. Und dennoch macht es klar, dass das Vertrauen in ein Unternehmen, börsennotiert oder nicht, vor allem durch Pressegespräche des Top-Managements aufgebaut und nachhaltig unterstützt werden kann.

Frühzeitige und kontinuierliche Kontaktpflege

Bleiben wir noch kurz bei der Krisenkommunikation. Der Plan, der für kritische Phasen parat liegt, enthält immer auch eine Liste der wichtigsten Journalistinnen und Journalisten, mit denen die Firmenleitung sprechen sollte. Sie werden nicht nur nach der Reichweite des Mediums ausgesucht, sondern auch danach, wie offen der CEO mit der Journalistin und dem Journalisten reden kann. Sind Off-the-record-Aussagen ungefährlich möglich oder sollte der CEO tunlichst nur das sagen, was wirklich veröffentlicht werden darf? Um das herauszufinden, ist in einer Krise keine Zeit. Deshalb braucht die Beziehung zwischen Firmenvertretern und Journalistin und Journalist eine Vorgeschichte. Anders ist keine Einschätzung möglich.

Aus diesem Grund sorgen PR-Verantwortliche dafür, dass sich der CEO mit seinen Key-Medien regelmäßig trifft. Aus unserer Erfahrung sind CEOs dafür offen und wissen, warum diese Beziehungsarbeit sein muss. Diese Gespräche brauchen eine weitsichtige Planung, denn das größte Problem ist der randvolle Terminkalender der Firmenleitung. Einmal vereinbarte Gesprächstermine abzusagen oder zu verschieben ist deshalb keine Option, weil der Kalender von Redakteurinnen und Redakteuren ganz genauso prall gefüllt ist. Zudem verpasst eine Terminänderung dem Gefühl der Wertschätzung einen Knick. Einmal vereinbarte Termine sollten tunlichst eingehalten werden.

Wie werden Pressegespräche geführt?

Diese Gespräche können sowohl einen konkreten Anlass haben als auch als Hintergrundgespräch geplant sein, das nicht das Ziel einer Veröffentlichung hat. Unabhängig davon sollten Pressegespräche immer von einem PR-Profi vorbereitet und begleitet werden. Das hat mehrere Gründe:

Vorbereitung ist alles

Informationen sind das Geschäft der Presse. Sie handeln damit, sie verkaufen sie. Und immer und zu jeder Zeit geht es ihr um außerordentliche Informationen, die die Position der Redakteurin oder des Redakteurs innerhalb des Mediums festigen. Exklusive Informationen steigern auch das Ansehen des Mediums beim Publikum und den Mitbewerbern. Presseprofis wissen, wie sie zu Aussagen kommen: teilweise trickreich und nicht immer mit Anstand, aber überwiegend seriös. Dennoch gilt: Die Fragenpyramide ist klug aufgebaut, der Gesprächsleitfaden durchkalkuliert. Eine PR-Begleitung, die, anders als der Firmenvertreter, eben nicht gedanklich mit der Formulierung der Antworten beschäftigt ist, bemerkt rechtzeitig die Intention und Richtung.

Auch unerwünschte Fragen werden gestellt

Vorab-Briefings sind das A und O bei wichtigen Pressegesprächen. Sie enthalten hilfreiche Informationen über das Medium, über die Journalistin oder den Journalisten mit seinen Themenschwerpunkten und bisherigen Beiträgen. Sie enthalten ebenfalls ein Q+A. Alle zu erwartenden Fragen werden aufgeschrieben; vor allem die unangenehmen Fragen. Es kommt vor, dass CEOs die kniffligen Fragen aus dem Q+A streichen, ganz so, als würden sie damit auch nicht gestellt werden. Das ist natürlich nicht der Fall. Sie kommen auf den Tisch und lösen beim Interviewten, der sich darauf nicht vorbereiten wollte, ausweichende Unsicherheit aus. Das ist nicht gut.

Moderation zum Thema

Nehmen wir an, es ist ein Interview geplant, dessen Inhalt veröffentlicht werden soll. Die Gesprächspartner verstehen sich prima. Sie verstehen sich so gut, dass sie ins Plaudern kommen über dies und das. Die Agenda, die Gesprächspunkte, lösen sich allmählich in Luft auf. Veröffentlicht wird von diesem Gespräch am Ende nichts. Warum? Die Journalistin oder der Journalist hatte zwar eine angenehme Stunde, hat aber nichts gehört, was er seiner Leserschaft berichten könnte. „Zu mager“ lautet die Ablehnung in der Redaktionskonferenz.

Eine PR-Begleitung greift in dieser Situation höflich ein, moderiert und führt zurück zum Punkt. Der wird vorab im Briefing formuliert und sollte in der Gesprächsausleitung nochmals genannt werden. Es ist allerdings auch keine Katastrophe, wenn aus einem Pressegespräch nicht direkt ein Abdruck folgt. Immerhin haben sich der CEO und die Journalistin oder der Journalist kennengelernt und vielleicht sogar Sympathien aufgebaut. Das ist eine gute Basis für die Forstsetzung der Gespräche.

Zeuge für Off-the-record

Der PR-Profi kennt die Interviewtechniken von Medienvertretern. Der Laie hingegen wittert nicht, wohin der Interviewer seinen Gesprächspartner führen will. Ein Desaster kann es sein, wenn Off-the-record-Aussagen veröffentlicht werden. Diesen Fall hatte ich mit einem deutschen Geschäftsführer einer US-amerikanischen Internet-Firma. Börsennotiert. Eine Begleitung hielt der Firmenchef, ein wunderbar authentischer und kompetenter Mann in jeder Hinsicht, für den aber Medienarbeit eher neu war, für nicht notwendig. „Frau Bachmann, ich schaff‘ das schon.“

Hinterher lag das Kind im Brunnen. Der Artikel war gedruckt. Es stand Aussage gegen Aussage: Der verzweifelte GF beteuerte, dass er klar gesagt habe, dass dies eine Hintergrundinfo sei. Der Journalist blieb dabei, dass er das eben nicht deutlich gemacht habe. Kein Mensch war dabei, nicht mal ein Band. Ganz schlecht. Denn das Recht am gesprochenen Wort gilt für die Teile eines Artikels, die zwischen zwei Zitatzeichen stehen. Der gesamte Artikel wird im Vorfeld der Veröffentlichung nie zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt. Falsche Tatsachenbehauptungen im Artikel werden durch eine Gegendarstellung korrigiert, die meist für die Leserschaft kaum wahrnehmbar ist.

Die Justitiare von Verlagen wissen, wie Tatsachenbehauptungen durch kleine Einsprengsel wie „vermutlich“ oder „angeblich“ oder die Aufweichung durch den Konjunktiv rechtssicher werden. Das alles ist ausgesprochen unangenehm und es versteht sich von selbst, dass der Geschäftsführer auf Medien nicht mehr gut zu sprechen war. Zum Glück blieb die befürchtete scharfe Reaktion der US-Zentrale aus. Wir haben den Artikel nämlich gedeckelt. Pure Erleichterung.

Pressearbeit üben und lieben lernen

Wenn das erste Presse-Interview schief geht, sitzt das Misstrauen gegenüber Journalistinnen und Journalisten tief. Sehr lange. Ich mag es nicht unbedingt „Trauma“ nennen, aber es geht in die Richtung. Obiger Internet-GF war, völlig verständlich, persönlich gekränkt und nur mit vielen Argumenten davon zu überzeugen, sich wieder auf Gespräche einzulassen. Das einzige Tabu: Hintergrundgespräche. Da war nichts mehr zu machen. Nicht umsonst empfehlen wir nachdrücklich Medientrainings mit Profis, mit ehemaligen oder noch aktiven Journalistinnen oder Journalisten der führenden nationalen Medien. Training-on-the-Job ist in diesem Fall nämlich nicht empfehlenswert. Das kostet zwar Geld, bewahrt jedoch vor Ärger und Imageschaden.

Medientrainings: die beste Investition

Bevor Managerinnen, Manager oder Mitarbeitende eines Unternehmens mit Journalistinnen oder Journalisten in persönlichen Kontakt treten, verschafft das Medientraining Sicherheit. Sie erfahren: Wie arbeiten Journalistinnen und Journalisten? Was ist ihr Ziel? Wie sehen Interviewtechniken aus? Was sage ich, wenn ich nicht antworten will oder kann? Wie steuere ich das Gespräch in meine Richtung? Worin liegen die größten Gefahren? Diese Fragen werden in Medientrainings ebenso behandelt wie der Umgang mit TV-Kameras. Die setzen CEOs noch zusätzlich unter Druck: richtige Körperspannung, kontrollierte Mimik und Gestik. Ratschläge wie „seien Sie einfach Sie selbst, dann passt das schon“ sind zwar gut gemeint, helfen aber nur bedingt bis gar nicht. Es gibt tatsächlich Naturtalente, die schlichtweg telegen sind und mit der Kamera zu flirten wissen. In der Regel sind CEOs aber aus anderen Gründen Top-Managerin oder Top-Manager geworden. Der richtige Umgang mit der Presse gehört dennoch zu den Basis-Skills.

Was sind die Themen?

Wir sehen in unserer Praxis CEOs, die wirklich mit allen Wassern gewaschen sind. Sie können die großen strategischen Linien des Unternehmens zeichnen, kennen die Zahlen von Branchen und Märkten in- und auswendig, patzen auch nicht bei technischen Einzelheiten, können sie sogar einem Laien so erklären, dass er es versteht. Das trifft immer dann zu, wenn die Firmenlenker das Unternehmen selbst gegründet haben, die Erfinder und Entwickler sind. Leidenschaftlich tragen sie ihre Visionen vor und reißen die Zuhörer schon deshalb mit. Begeisterung ist ansteckend.

Doch selbst dann, wenn das Knowhow des Gründer-CEOs so breit und tief ist, sprechen sie vor allem mit der Wirtschafts-, Tages- und Managementpresse. Denn die anderen Themen wie Branchen, Vertrieb und Technik, können auch andere Führungskräfte abdecken. Doch Strategien und Ziele, das ist das ureigenste Terrain der Firmenkapitänin und -Kapitäns, da ist sie oder er unabkömmlich.

Zu guter Letzt habe ich noch ein paar praktische Tipps der Kolleginnen und Kollegen gesammelt:

  • Ziel. Zur optimalen Vorbereitung von Pressegesprächen ist es wichtig, das Ziel zu kennen. Worum geht es im Kern? Markenpflege, Personality-PR oder Wachstumsstrategien? Eine einzige Botschaft reicht, nicht mehr. Ansonsten verheddert sich der Interviewer in den vielen Themen. Hilfreich ist es, wenn die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens klar sind und sich der CEO gegenüber dem Mitbewerb abgrenzen kann. Journalistinnen und Journalisten kennen die Branche des Gesprächspartners – davon ist auszugehen. Deshalb ist es wichtig, sich in seiner Einmaligkeit abgrenzen zu können.
  • Schön ist es, wenn CEOs gerne mit der Presse sprechen. Aber manchmal vergessen sie während des Gesprächs, dass hier keine Kollegin vor ihnen sitzt, sondern eine Journalistin. Dann kommt es zu gewagten Aussagen zum Beispiel über Internas, die, wenn überhaupt, nur mit Mühe geradegerückt werden können.
  • Wie häufig sollten CEOs mit der Presse sprechen? Darüber gibt es in der Agentur unterschiedliche Meinungen: Nur anlassbezogene Interviews sagen die einen. In einer Regelmäßigkeit von ein- bis zweimal pro Jahr, sagen die anderen. Am Ende entscheidet die Pressestelle, ob der CEO nur bei wichtigen Themen mit der Presse spricht oder ob der Grundsatz der Beziehungspflege gilt. Der CEO selbst hat dann das letzte Wort.
  • Worüber sprechen? Einhellige Meinung besteht bei vibrio darin, dass Unternehmen ein Teil des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens sind. Sie können sich also zu entsprechenden Themen äußern. Sind persönliche Interviews bei aktuellen Entwicklungen in der Kürze der Zeit nicht zu vereinbaren, versenden wir Statements beziehungsweise sachbezogene Kommentare an die entsprechenden Presseverteiler. Allgemeine Themenaspekte sind zum Beispiel: Einschätzung des Standorts Deutschland; Arbeitsmarkt, Handelskonflikte, Forschungspolitik, Digitalisierung oder Bildungspolitik.
  • Weitere Rahmenbedingungen für CEO-Interviews.

    o Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung bei vielen Verlagen, sind Redaktionen dünn besetzt. Gespart wird an allen Ecken und Enden. Zeit ist knapp und trotzdem müssen Beiträge termingerecht produziert werden. CEOs sollten sich deshalb auch auf Telefon- oder Online-Konferenzen einlassen. Natürlich haben persönliche Begegnungen einen größeren Mehrwert. Bevor aber ein Interview oder Hintergrundgespräch gar nicht zustande kommt, sind Remote-Unterhaltungen besser.

    o Geduld. Nach einem Pressegespräch wird ungeduldig auf die Veröffentlichung gewartet. „Fragen Sie da mal nach“, fordern uns Kunden manchmal auf. Das ist möglich, aber nur nach einer gewissen Wartezeit, denn der Beitrag muss geschrieben und in der Redaktionskonferenz abgesegnet werden. Das braucht eben so seine Zeit.

    o Der Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme muss passen. Das vorgeschlagene Gesprächsthema muss passen. Die Antwort auf diese Frage der Journalistin oder des Journalisten sollte auf Anhieb überzeugen: „Und warum genau soll ich jetzt darüber schreiben? Was bringt’s meinen Lesern?“ Um diese Fragen beantworten zu können, erstellen wir ein Themenexposé. Wird das Thema und das Interview abgelehnt, ist das aber kein Weltuntergang. Es passt halt gerade nicht. In diesen Telefonaten kommt dann jedoch häufig zur Sprache, was die Redakteurin oder den Redakteur stattdessen interessieren würde. Das hilft weiter.

    o Professioneller Abstand. Auch wenn sich CEOs noch so gut mit der Journalistin oder dem Journalisten verstehen, es ist und bleibt eine Arbeitsbeziehung. So sollte sie im Positiven wie im Negativen betrachtet werden. Jede und jeder macht nur seinen Job. Freche Fragen sind kein persönlicher Angriff, Kritik ist nicht als Beleidigung gemeint, skeptische Kommentare und Einschätzungen sind das Recht der Medien. All dies darf nicht zum Abbruch der Pressegespräche führen. Journalistinnen und Journalisten müssen in Frage stellen, Vordergründiges auf den Wahrheitsgehalt prüfen und die Öffentlichkeit informieren. Das ist gut so. Wären zum Beispiel Finanzaufsichtsbehörden und bundesdeutsche Medien den Recherchen von Dan McCrum, Journalist der Financial Times, zu Wirecard schon 2014 nachgegangen, wäre der Schaden geringer ausgefallen.

Sündenfall „Anzeigen“

Mein Beitrag neigt sich dem Ende. Damit ist es an der Zeit, einen wichtigen Aspekt zu nennen. Schließlich sind Anfang und Ende eines Textes die wichtigsten Textteile. Nehmen wir an, 58 Minuten des Pressegesprächs sind vorbei, man bedankt und verabschiedet sich. Beim Ausschaukeln des anstrengenden Interviews entsteht eine lockere Atmosphäre, alle atmen auf. Was jetzt noch sagen? Vielleicht doch noch ein bisserl nachdrücklich auf eine gute Berichterstattung hinweisen? Da könnte man doch mit einer Anzeigenschaltung winken oder so nebenbei erwähnen, dass man ja Anzeigenkunde sei?

Wenn CEOs mit Anzeigenentzug oder einer potenziellen Anzeigenschaltung winken, kommt das einem Sündenfall gleich. Wenn ich ein absolutes No-go nennen müsste, dann ist es dieses: Anzeigen dürfen weder als Drohkulisse noch als Lockmittel benutzt werden. Darauf reagieren zumindest die bundesdeutschen Leitmedien sehr empfindlich. Selbst mächtige Großkonzerne sind mit einer Anzeigen-basierten Intervention bei der Chefredaktion oder gar der Verlagsleitung krachend gescheitert. Alles, was sich aus dem Kopplungsversuch von Redaktion und Anzeigenwesen ergibt, sind langwierige Verwerfungen in der sachlichen Beziehung. Mehr Schaden als Nutzen. Das ist es nicht wert.

Bildquelle: pixabay, CCL, Creator: styless66

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