Global PR – mehr als nur eine Überwindung der Sprachbarriere
Public Relations sind mit den Sozialen Netzwerken ein internationales Handwerk geworden – spätestens, denn schon davor hatten die meisten Kunden internationales Geschäft, das kommunikativ unterstützt sein wollte. Die Echokammer Internet aber rückt diese Thematik in den Vordergrund: was jenseits des Weißwurstäquators passiert, auf der anderen Seite von Rhein, Ärmelkanal, Atlantik oder Datumsgrenze, beeinflusst das Unternehmensbild auch hierzulande. Auf der Aufgabenliste vieler Unternehmen stehen bei der Wahl ihrer Berater und Agenturen deswegen globale Konzepte und die Integration in internationale PR-Strukturen. Ein Umstand, den auch die Besucherzahl des Seminars „Do you speak global? Current trends within the global PR industry“ verdeutlichte: bis in die letzte Stuhlreihe war der Vortrag Christopher Barrons von news aktuell im Münchener Literaturhaus besetzt.
Der Vortrag (die Folien liegen hier) lieferte einen guten Überblick über die wesentlichen Probleme zentral gesteuerter globaler PR und der verschiedenen Werkzeuge, die man einsetzen kann (Text, Bild, Multimedia, Social Media usw.) Ich habe bereits einige Erfahrungen mit dem Angebot von news aktuell in diesem Bereich sammeln können und war ganz angetan von Barrons Erklärungen. Die starke Betonung der größeren Wirkung multimedialer Pressemitteilungen aber warf für mich eine Frage auf, die in der Kürze der Zeit nicht zu besprechen war (siehe unten). Barron schnitt auch die Emotionalisierung von Botschaften und die Rolle ihrer Social Signal-Stärke an – sicherlich ein Thema für einen eigenen Workshop und hier fast ein wenig stiefmütterlich behandelt (trotz eines beeindruckenden Fallbeispiels in Form der Dove-Kampagne zur Selbstwahrnehmung).
Immerhin sehr eindrucksvoll sind die Statistiken, die der PR-Helfer news aktuell aus den Metadaten seiner 400.000 Aussendungen jährlich zieht. Der Vortrag war ebenso gut sortiert, was aktuelle Nutzungszahlen und Studien verschiedener Kanäle und Formate angeht:
TV in den USA, Print in China – regionale Unterschiede prägen die weltweite Kommunikation
Wenn man die grenzüberschreitende Natur des Webs betrachtet, könnte man überrascht sein wie sehr die einzelnen Märkte von Local Heroes der Social Media gekennzeichnet sind: vk.com in Russland, viadeo.com in Frankreich, Xing in Deutschland, qzone.qq.com in China. Weniger überraschend, aber oft übersehen, sind die verschiedenen Mediennutzungsgewohnheiten: in den USA werden TV-News als Newsquelle bevorzugt, in China sind es Zeitungen, Deutschland dagegen hat in seiner vielfältigen Fachzeitschriftenlandschaft eine Besonderheit. Als PR-Spezialist mit diesen regionalen Besonderheiten umzugehen erfordert früher oder später Rat vor Ort: entweder durch eine ansässige Agentur oder aber (wie wir es mit einigen unserer Kunden handhaben) durch Gespräche mit Kundenvertretern im Zielmarkt. Doch auch damit stößt man bisweilen an seine Grenzen. Das bestätigte mir auch eine Seminarteilnehmerin aus der Branche für Medizintechnik: „Wir versuchen schon lange, Baidu zu überlisten. China ist ein Buch mit sieben Siegeln.“ Umgekehrt kenne ich genug Anekdoten von Unternehmen aus Fernost oder den USA, die Probleme hatten zu verstehen warum die führenden deutschen IT-Portale ihre Inhalte konsequent verschmähten.
Eine Sprache sprechen mit den PR-Kollegen vor Ort
Der Umgang mit Partnern vor Ort scheint mir der Punkt zu sein, an dem der ansonsten hervorragende und kurzweilige Vortrag von Christopher Barron noch ergänzt werden könnte. Wer schon einmal europäische oder global PR-Treffen mitgemacht hat, wird das bestätigen können: auch wenn die Kollegen aus Madrid, Mumbai oder Moskau die gleiche Arbeit für gemeinsame Kunden machen, so sind die Herangehensweisen doch oft verschieden. Als Leadagentur oder als Mitglied in einem PR-Team muss man ein Gespür dafür haben. Ein umfassender Blick auf grenzüberschreitende PR sollte diesen Aspekt nicht ignorieren. Ein guter erster Schritt könnte ein Blick in die Ergebnisse der World Values Survey sein, welche die verschiedenen Länder auf zwei grundlegende Werteskalen klassifiziert, und dabei interessante Ergebnisse und Trends aufzeigt.
Multimedia oder Lokalisierung: eine Frage des Geldes
Wie eingangs erwähnt fand ich einen Punkt widersprüchlich: den Fokus auf multimediale Inhalte einerseits und Notwendigkeit der Lokalisierung nicht nur der Sprache sondern auch der Inhalte von PR-Botschaften. Diese bedeutet einen großen Aufwand, der sich nur für die wichtigsten Marken und hier nur für ihre Kernkampagnen lohnen dürfte. Das wiederum erklärt auch teilweise die bessere Wirkung von multimedialen PR-Botschaften: es sind diese die bedeutenderen, die von sich aus größere Relevanz haben. Wald-und-Wiesen-News über das X-te Update einer Firmware dürften kaum in Video und Infografik aufbereitet werden. Kein Wunder also, dass sie weniger geklickt werden. Sie sind einfach nur für spezielle Zielgruppen relevant. Das Argument, multimediale PR wirke besser, ist also aus der reinen Reichweitenanalyse nicht zu beweisen.
Dazu kommt noch eine Grundannahme, auf der alle PR-Arbeit auch 2014 noch fußt: dass die E-Mail einer, wenn nicht der zentrale Kanal ist, der je nach Zweck und Anlass erweitert werden kann. Aller Social Media-Entwicklung zum Trotz ist die E-Mail das Arbeitspferd unserer PR-Arbeit, ganz gleich ob lokal oder global.
Dein Kommentar
Want to join the discussion?Feel free to contribute!