Google+ – was ist das und warum kümmert es mich?
Heute ist ein interessanter Tag für die ungleichen Internetunternehmen Google und Facebook. Nicht nur ist Zuckerberg, Gründer des Sozialen Ur-Netzwerks, nun reicher als die Google-Gründer Page und Brin. Sondern Google, jüngst Opfer einer Schmutzkampagne von Facebook, wirft dem Konkurrenten den Fehdehandschuh hin. Das neue Google+ ist der neuste Anlauf des Suchmaschinenspezialisten, im Bereich Social Media Fuß zu fassen.
Was ist drin in „+“, und warum bringt es Google einen Vorteil? businessinsider.com und wired.com haben sich damit befasst, und bis zum Tag, wo ich eine Einladung zum Betatesten von „+“ bekomme, muss ich mir von den beiden Blättern den Mund wässrig machen lassen. Denn Google+ sieht in der Tat aus wie die Zukunft der Social Media. Kein „Facebook-Killer“, sondern ein besseres Google.Der erste wesentliche Baustein sind die „Circles“ – einfache, vom Nutzer zu konfigurierende Tools, um zu regeln, welche Kontakte im Netzwerk welche Inhalte zu sehen bekommen. Bei Facebook ist diese Funktion erst nachträglich eingebaut worden und immer noch umständlich. Google hat offenbar die Frage, wer welche Daten zu sehen bekommt, zum Kern seiner Strategie gemacht. Nicht nur aus Datenschutzgründen, sondern auch der Relevanz wegen: Mich interessiert nicht, was mein ehemaliger Klassenkamerad zum Frühstück hatte. Wenn er das mit seinem „WG-Partner“-Circle teilt, reicht das völlig aus.
Relevanz ist auch das Stichwort für den zweiten Baustein: Sparks. Hier sammelt Google Informationen zu einem persönlichen Interessengebiet – zum Beispiel die Band „Queen“ – und präsentiert die Inhalte auf einer eigenen Seite, ähnlich wie bei einem Twitter-Suchbegriff oder paper.li. Google will dabei Wert legen auf Content, der Social-Media-relevant ist. Eine alte News zum Tod von Freddy Mercury wird also eher nicht erscheinen, ein neues User-Video von einem „We are the champions“-Flashmob dagegen schon.
Eine Erweiterung von Videokonferenzdiensten wie Skype oder Chatroulette ist Hangout, in dem sich bis zu zehn Teilnehmer unterhalten können. Wired.com erwähnt eine Funktion, die dem jeweilgen Sprecher automatisch mehr Bildfläche einräumt und angeblich ganz ausgereift sein soll.
Huddles ist eine Messaging-Anwendung für Gruppen, die sicherlich interessant ist das nächste Mal wenn ich im Gewimmel auf dem Tollwood meine Freunde treffen will. Genau wie ein ein Feature namens Nearby ist sie nur in der mobilen Variante verfügbar. Nearby ist Location-based und zeigt an, was andere Google+ User in räumlicher Umgebung mitteilen. Ein guter Weg, auf der nächsten Konferenz neuen Kontakte durch schamlose Kaltakquise auf die Nerven zu gehen.
Instant Uploads soll das Teilen von Fotos einfacher machen. Google betrachtet Fotos als zentrales Element von Social Media (und liegt damit nicht falsch, wie ich meine). “Fotos sind der absolut wichtigste Motivator im sozialen Erlebnis,” zitiert Wired einen Google-Mitarbeiter namens Jonathan Sposato. Mein Facebook-Feed bestätigt dies.
Google+ ist bisweilen nur per Einladung zu haben. Es ist als App für Android und als webbasierte Anwendung verfügbar (wired und businessinsider sind nicht eindeutig darin, ob das browserbasiert oder als eigenes Programm passiert). Das iPhone soll folgen.
Solten sich die Social-Media Verantwortlichen in Unternehmen jetzt mit Google+ befassen? Es wird sicher eine Weile dauern, bis diese Plattform die kritische Masse an Anwendern hat. Aber die Verschmelzung von sozialen Kontakten, deren Updates und interessanten Infos aus Googles Suchalgorithmen könnte ein echter Pluspunkt gegenüber anderen Netzwerken sein. Entscheind dabei ist sicher der Fokus auf Relevanz: Google will seinen Anwendern das Internet so präsentieren, wie es für jeden Einzelnen wichtig und interessant ist. Facebook kann das nicht leisten – hier fehlte die Komponente des weiten, offenen Internets. Google hatte bisher so seine Probleme mit der sozialen Komponente (siehe die digitalen Grabsteine für Orkut, Buzz und Wave). Vielleicht wird das jetzt anders, und die Kontostände von Larry Page und Sergey Brin weisen bald wieder mehr Nullen auf als die von Mark Zuckerberg.
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