Grundlagen der Pressearbeit für Branchenmedien

Einem kleinen Branchenmedium wird im Pitch um Oracle eine große Ehre zuteil. Es ist ein herrlicher Sommertag als wir im Cabrio zur Präsentation anreisen, lässig zwar, aber eine Stunde zu spät; erwartet von niemand Geringerem als der EMEA-PR-Chefin des zweitgrößten IT-Unternehmens der Welt. Markus Pflugbeil und ich präsentieren also, was eben zu präsentieren ist. Natürlich kommen wir irgendwann zu den „Key Publications“ und werfen eine beeindruckende Folie an die Wand: Capital, FAZ, Fleischerhandwerk, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung, Wirtschaftswoche – wo ist das Loch zum Drinversinken?

Die Folie stirbt selbstverständlich den Sekundentod, noch ehe wir, hochrot, bei „Zeit“ angekommen sind. Der Oracle EMEA-PR-Chefin ist „Das Fachmagazin für die Produktion und den Verkauf von handwerklich erzeugten Fleisch- und Wurstwaren“ wohl nicht aufgefallen. Auch Petra Brücklmeier, PR-Managerin für Oracle Deutschland, hat sich nicht vor Lachen auf die Schenkel geklopft. Wie, um alles in der Welt, kommt das Fleischerhandwerk auf eine Präse für Oracle? Wie hat sich das Bladl aus der Kreisliga in die hochnoble mediale Bundesliga gemogelt?

Wenn sich ein Branchenmedium unerwartet unter Spiegel, Zeit und Co. verirrt

 

An der Fachpresse kommt man kaum vorbei

Vermutung: Stehengeblieben ist das Monatsmagazin vielleicht aus einer Präsentation für einen sehr großen Kunden aus der Hygiene-Branche, der sich ausdrücklich in Fachmedien platzieren wollte. Hygiene – Fleischerei, nun, das liegt ja nahe beieinander, könnt‘ schon sein. Wie auch immer, wir werden es wohl nie ergründen können. Später, wir haben Oracle trotz Fleischerhandwerk gewonnen, waren auch für dieses IT-Unternehmen die Fachzeitschriften ein PR-Thema; wie im Übrigen für all unsere Kunden. Unter den schätzungsweise 4.000 Fachtiteln in Deutschland sind immer rund ein Dutzend Medien, die im Fokus der Pressearbeit stehen.

Jedes Unternehmen hat seine eigenen Favoriten

Ein Blick in unsere Pressedatenbank lässt mich rätseln, ob wir eigentlich in irgendeiner Branche noch nicht platziert haben. Sollte es sowas geben wie das Gartenzwerg-Journal. Fachinformationen für Entscheider, waren wir da noch nicht. Ansonsten ist in der Datenbank fast alles vertreten: Für einen Elektronik-Kunden waren die Top-Branchen Elektronik, Industrieautomation, Luftfahrt, ÖPNV und Telko. Ein anderer hat uns sage und schreibe 43 bis auf’s i-Tüpfelchen gegliederte Verteiler rund um Drucktechnik, Verpackung, Manipulations- und Produktschutz und Etiketten beschert – in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch.

Aktuell pitchen wir in den Fachzeitschriften der Öffentlichen Verwaltung, dem kommunalen Beschaffungswesen und des Bildungswesens. Wir sind in der Fachpresse rund um Kliniken, Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen und Praxen von niedergelassenen Ärzten unterwegs und überzeugen Redakteurinnen und Redakteure von Beiträgen zu den „sicheren IT-Lösungen bei der Digitalisierung“. Für andere Kunden stehen wir mit den Verticals für Transport und Logistik, Retail sowie der Immobilienbranche zum Thema „Entwicklung der Facility Services“ in regem Kontakt. Im Personalwesen ist zurzeit E-Learning beziehungsweise Digital Learning ein Top-Thema, mit dem die Kolleginnen und Kollegen punkten.

 

Branchenmedien sind anspruchsvoll

Dabei sind es vor allem diese oftmals kleinen Medien, im Sinne von Reichweite, die anspruchsvolle Technologie-PR verlangen. Jedes Medium zum Beispiel im Bereich Elektronik hat andere Akzente. Vor einer Platzierungsanfrage muss die PR-Beraterin oder der PR-Berater das redaktionelle Konzept ziemlich gut kennen, muss die Beiträge der Journalistin oder des Journalisten gelesen haben, um vom Nutzwert des Fachartikels für die Leser überzeugen zu können. Sonst kommt die Abfuhr schneller als man schau‘n kann.

Wenn Sie den Einsatz Ihrer Produkte in der Praxis vermitteln möchten, sind IT- und Technologiemedien dann die erste Wahl, wenn Sie vor allem IT-Entscheider ansprechen möchten, weil sie über die Anschaffung entscheiden. Diese Spezialisten gibt es vornehmlich in Firmen ab einer gewissen Größe. Doch Selbstständige, Entscheider in kleinen und mittleren Betrieben und Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter, die mit IT nicht viel am Hut haben, erreichen Sie in der IT- und PC-Fachpresse eher nicht. Denn sie lesen Publikationen ihres Fachgebiets wie zum Beispiel Steuerberaterinnen und Steuerberater, Ärztinnen und Ärzte oder Juristinnen und Juristen.

Exkurs oder was Sie sich nicht merken müssen:
Laut der Website „Arbeit digital“ gibt es in Deutschland 21 amtliche Branchen und Wirtschaftszweige. Amtlich, weil diese Bezeichnungen und Gruppierungen vom „Statistischen Bundesamt“ verwendet werden. Sie wiederum basiert auf der „Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft“ (NACE). Die europäische Definition orientiert sich an der „International Standard Industrial Classification“ (ISIC) der UNO. Das muss man sich nicht merken, ist nur eine Erklärung dafür, wie diese Klassifizierungen überhaupt zustande kommen. Das deutsche Ordnungssystem der Branchen entspricht also dem der EU und der UNO.

Digitalisierung aller Orten ist der Motor für IT-PR

Vor 20 Jahren waren manche Branchen völlig uninteressant, wenn es um Produkte und Services im Bereich Digitalisierung, IT-Technologie oder Technologie generell ging. Seit etwa zehn Jahren verändert sich das, in den letzten fünf Jahren sogar rasant. Die sogenannte Digitale Transformation ist in allen Wirtschaftssektoren, aber auch in Behörden und im Gesundheitswesen zuhause. Das Interesse an IT-Lösungen, Prozessautomatisierung und computergestützten Workflows ist groß. Im Schlepptau dieser Durchdringung mit Informationstechnologie steigt entsprechend der Bedarf an Absicherung der IT-Infrastruktur, Daten und Kommunikation müssen geschützt werden. Das Internet of Things (IoT) tut sein Übriges und treibt die Digitalisierung bis in das Kassensystem einer Bäckerei-Kette voran.

Politische Themen spielen der Branchen-PR in die Hände

Im Bildungsbereich hat das staatliche Förderprojekt „Digitalpakt Schule“, gestartet 2019, dafür gesorgt, dass Fachmedien sehr offen für Fachartikel und sogar Artikelserien sind. LANCOM Systems, ein deutscher Hersteller von integrierten Netzwerklösungen, hat den Digitalpakt von Anfang an genutzt, um sich als Ausstatter bei öffentlichen Lehranstalten zu empfehlen. Denn nicht immer ist der Marktführer aus den USA oder das günstigste Angebot aus dem asiatischen Raum die beste Wahl, wenn Netzwerke über die Cloud verwaltet werden. IT, die in Europa entwickelt wurde, ist für kritische Infrastrukturen und den Schutz der Daten eine echte Alternative. Die Hersteller erfüllen qua Herkunft die Datenschutzbestimmungen mit DSGVO- und rechtskonformen Lösungen made in Europe oder Germany. Ein Ass im Ärmel von LANCOM Systems ist auch, dass die Produkte vom „Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)“ geprüft und zertifiziert sind. LANCOM ist nur ein Beispiel dafür, wie nicht nur Produkte, sondern auch politische und wirtschaftliche Themen ein ideales Umfeld für PR und Marketing bieten können.

Repraesentative Umfrage von LANCOM Systems zum DigitalPakt Schule

 

Die Anwendung macht ein Produkt verständlich

Aber auch die voranschreitende Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung und dem Gesundheitswesen bietet PR-Chancen. Voraussetzung ist, dass man spannende Lösungen in petto hat. Unser Kunde Ferrari electronic aus Potsdam zum Beispiel hat das. Seine Querschnittstechnologie in Form des Produkts „OfficeMaster Suite“ findet überall Anwendung; egal ob Pharmakonzern, Kulturveranstalter oder Bildungseinrichtung – in allen denkbaren Branchen wird die Lösung für einen manipulationssicheren Dokumentenaustausch und automatisierte Geschäftsprozesse eingesetzt. Aber können Sie sich irgendwas unter „automatisierte Geschäftsprozesse“ vorstellen? Bei abstrakten Produkten hilft eine Räuberleiter, die aus praktischen Anwendungen besteht. In diesem Fall wäre das zum Beispiel ein Referenzbericht über die OfficeMaster Suite bei der elektronischen Patientenakte oder bei der E-Rechnung. Warum und wie genau die Lösung in diesen Szenarien funktioniert, das plastisch und nachvollziehbar zu beschreiben, ist unser Job.

Zustimmung von Kunden frühzeitig abfragen

Branchenmedien erwärmen sich zwar auch für Fachartikel, die ein Thema allgemein skizzieren wie zum Beispiel in einem Dreisprung von 1. Wirtschaftliche Ausgangssituation, 2. Rechtliche Rahmenbedingungen und 3. Lösungsoptionen. Sie bevorzugen jedoch meistens konkrete Anwenderberichte mit hohem Praxisbezug. Nun ist es für einen Hersteller nicht immer einfach, die eigenen Kunden davon zu überzeugen, dass sie als Referenz für das Marketing ihres Lieferanten herhalten sollen. Wir erleben es immer wieder, dass Anwenderunternehmen in sensiblen Bereichen wie zum Beispiel bei Lösungen für die IT-Sicherheit, die Zustimmung zu einem Anwenderbericht verweigern – durchaus verständlich. Nicht jedes Unternehmen will sich von der Welt und dem Wettbewerb in die Karten schauen lassen, seine Zulieferer oder Dienstleister publik machen.

Referenzen: Zustimmung zu gemeinsamen Marketingaktionen schon im Kundenvertrag anbieten.


Deshalb raten wir unseren Kunden dazu, bereits bei Vertragsabschluss mit dem Anwender, die Möglichkeit von gemeinsamen PR- und Marketingaktionen zu klären. Die Marketingabteilung hat es dadurch später leichter, beim Kunden anzuklopfen und um einen Referenzbericht zu bitten.

Fachartikel brauchen Zeit, Geduld und Fotos

Vom ersten Kontakt mit dem Referenzkunden bis zum Artikel geht einige Zeit ins Land. Das ist in erster Linie der Terminfindung für die Gespräche geschuldet, die wir mit dem Produktmanager und im zweiten Schritt mit dem Vertreter des Referenzunternehmens führen. Ein weiterer Faktor, der die Fertigstellung eines hochwertigen Referenzartikels verlangsamt, ist das individuelle Fotomaterial. Denn ohne Bilder müssen wir erst gar nicht bei den Redaktionen anklopfen. Je besser Text und Fotos harmonieren und den Case anschaulich darstellen, umso höher ist die Akzeptanz. Aufwändiger als textliche Case Studies sind Videoreferenzen. Sie haben aber auch den großen Vorteil, dass sie sich mehrfach, wie zum Beispiel im eigenen YouTube-Kanal, verwenden lassen. (Genauere Infos zu Fotos und Videos erhalten Sie in unseren Interviews mit Pressefotografen Erol Gurian und Filmemacher Alexander Broy Teil 1 und Teil 2.)

Videoreferenzen beeindrucken bei Leuchtturmprojekten

Was unterscheidet Text-Referenzen vom Film? Für alle Anwenderberichte, in denen Abläufe gezeigt werden wie zum Beispiel der Prozess der Installation, der Ablauf bei der Bedienung oder die Funktionsweise von Produkten, kurz, wann immer sich etwas bewegt, dann sind, wie es der Name schon sagt, Bewegtbilder immer die bessere Wahl. Auch Stimmungen können Sie durch einen Film direkter vermitteln. Je nach Branche kann es für den Betrachter sehr interessant sein, eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter Ihres Kunden mit der Kamera zu begleiten. Dabei kommt das Motto zum Tragen, dass Menschen nichts mehr interessiert als Menschen. Das können Sie sich in Ihrer Videoreferenz zunutze machen. Hier sehen Sie einige Beispiele für Videoreferenzen, die wir für das IT-Unternehmen IGEL Technology produziert haben. Die Kunden setzen das Betriebssystem Igel OS und Hardware ein.

 

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Fallstudie: Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift Hamburg.
Fallstudie: ITV Stormarn (kommunale Verwaltungen digitalisieren).
Fallstudie: ZAMG Österreich, Zentralanstalt für Meterologie und Geodynamik.

 

Haben Sie aber lediglich Interviews, Einschätzungen Ihres Kunden oder wollen Sie Hintergründe erläutern, worauf zum Beispiel ein Anwender bei der Auswahl seiner Produkte zu achten hat, sind Text und Bild häufig ausreichend.

 

 

Praxistipps zu guter Letzt

Pressearbeit für Branchenmedien ist ein Muss. Sie ist aufwändig, denn sie setzt eine gute Kenntnis der redaktionellen Schwerpunkte und der Leserschaft voraus. Für die Herstellung von Anwenderberichten braucht man einen langen Atem und Bildmaterial. Idealerweise hat die PR-Beraterin oder der PR-Berater bereits eine Zusage vom Redakteur für die Veröffentlichung, die er auf der Grundlage eines Exposés erhalten hat. Das Texten geht umso leichter von der Hand, je klarer das Thema umrissen ist. Anwenderberichte sind aber auch ohne mediale Publikation ein wunderbarer Content für die Unternehmenswebseite und den Blog. Insofern lohnen sich Case Studies so oder so immer.

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