Messen & Hausmessen vor 25 Jahren und heute
Anlässlich unserer Jubiläums-Blogserie konnten wir Jörg Hecke, Produkt Marketing Manager bei der Bielefelder SEH Computertechnik GmbH, für einen Gastbeitrag begeistern: Messen & Hausmessen vor 25 Jahren und heute – Überleben langfristig nur die Spezialisten?
„Wer vor 25 Jahren bereits in der Informations- und Telekommunikationsbranche tätig war, der kannte sie alle: die Messen COMDEX Fall in Las Vegas, die SYSTEMS in München, die Orbit-iEX in Basel (später Zürich) und selbstverständlich auch die CeBIT in Hannover. Wir als Hersteller und auch die Leute von vibrio können also mehr als ein Lied davon singen, was sich in den vergangenen Jahren an der Messefront verändert hat.
Die Marktkonsolidierung in der Informations- und Telekommu-nikationstechnik (ITK) nach der Jahrtausendwende führte dann dazu, dass diese Messen und Veranstaltungen eine nach der anderen starben. Heute existieren sie nur noch in Erinnerungen vieler Branchenprofis. Durch die modernen und oft lukrativen Zusammenschlüsse von branchenähnlichen Firmen, das Erstarken von spezialisierten Messen wie dem Mobile World Congress in Barcelona und den eigenen Veranstaltungen von Trendsettern wie Apple und Google nahm die Zahl derer stetig ab, die als eigen-ständige Aussteller agierten. Lediglich die CeBIT hat sich noch halten können, weil ihre Macher es geschickt verstehen, sie immer wieder neu zu erfinden. Ob dieser Überlebenskampf weiterhin erfolgreich sein wird, werden die nächsten Jahre zeigen. Rapide sinkende Besucher- und Ausstellerzahlen lassen bereits seit Jahren nichts Gutes ahnen.
Blicken wir positiv in die Zukunft und fassen wir zusammen, warum Unternehmen wie SEH nach wie vor auf diese Messen bauen – und als Aussteller aktiv teilnehmen. In diesem Jahr konnten wir beispielsweise auf der CeBIT, umringt von Unternehmen aus der Branche, unter Beweis stellen, dass unser Kernbereich nach wie vor innovativ ist und das Produktportfolio weiter ausgebaut wird. Neben vielen interessanten Gesprächen, Produktpräsentationen und Neuvorstellungen können wir auch mit qualitativen Leads und Testprodukt-Vereinbarungen glänzen. Aber weshalb entwickelt sich der Erfolg der SEH so deutlich entgegen dem allgemein vorherrschenden Trend stagnierender oder rückläufiger Geschäftserfolge? Ist unser Unternehmen eine Ausnahme-erscheinung? Haben wir das bessere Konzept? Dazu weichen wir einmal kurz von DER ITK-Messe schlechthin ab und widmen uns einer immer erfolgreich gewesenen Art der Branchentreffs: den Hausmessen.
Wie üblich besuchten wir als Aussteller bzw. Partner die ALSO Channel Trends+Visions in Bochum. Nach eigenem Bekunden – und das ist durchaus plausibel – ist diese Veranstaltung als größte ITK-Fachhandelsmesse Deutschlands DIE umfassende Kommunikations-plattform für Fachhändler. Sie lockt jährlich über 4.700 Besucher und mehr als 150 Aussteller auf die über 10.000 m² Ausstellungs-fläche nach Bochum. In diesem Jahr stand die Hausmesse zum 10. Jubiläum unter dem Motto „Celebrate Business“. Und zelebriert wurde viel. Wie bereits in den Jahren zuvor gab es für uns gute Gespräche, gute Leads und viele potenzielle Geschäfts-anbahnungen.
Ist die ALSO Channel Trends+Visions deswegen eine Alternative zur CeBIT? Wir glauben, dass sich diese beiden Veranstaltungen auf eine besondere Art ergänzen. Das internationale Publikum trifft sich in Hannover. Branchenspezifisch, lokal und persönlich trifft man sich auf einem Event wie dem von ALSO.
Oder man geht zum ComLine face2face Event, welches schon zum 9. Mal in Folge erfolgreich stattfand! Die diesjährige Veranstaltung feierte zusätzlich ein Jubiläum: Im Robinson Club in Fleesensee blickten wir gemeinsam mit vielen weiteren Herstellern und Distributoren zurück auf das 25 Jahre Bestehen der ComLine. Diese Beständigkeit kommt nicht von ungefähr. Auch hier ist der Erfolg sicher auf die zielgruppenspezifische Ausrichtung der Messe-veranstaltung zurückzuführen. Wir bei SEH jedenfalls kamen neben den Jubiläumsfeierlichkeiten auch geschäftlich voll auf unsere Kosten.
Apropos Kosten: Selbst zu Partnerevents im Ausland reisen wir. Wie viele andere Hersteller auch tun wir das nicht ins Blaue hinein. Würden wir uns nicht einen Erfolg davon versprechen, wären Events wie etwa die OLLY IT Partner im russischen St. Petersburg keine Option. Wir waren bereits letztes Jahr beim Partnerevent in Moskau dabei. Im Gepäck diesmal: neben einer aktuellen Unter-nehmensvorstellung mit Produktportfolio auch unsere neuen Produkte INU-100 und myUTN‑2500. Nur wer trommelt, wird wahrgenommen. Das wissen nicht nur Werbeexperten.
Ähnlich verhält es sich mit der DMS Tokyo. Unser Produktschwerpunkt dort waren die Dongle- und Deviceserver. Wir haben beispielsweise den USB Deviceserver myUTN-2500 als neues Produkt vorgestellt. Gut, diese Messe haben wir zum ersten Mal besucht – wir können hier also nicht als Überzeugungstäter argumentieren. Aber wir wurden letztlich nicht enttäuscht: der Trip nach Fernost war sehr erfolgreich. So wurden beispielsweise unsere Dongleserver von Interessenten zum Test angefordert. Gespräche mit Mitausstellern bestätigten unsere Einschätzung: Messen, Auslandsmessen und deren Relevanz und Wichtigkeit sind nicht zu verachten.
Auch regionale Veranstaltungen wie etwa das WSCAD Engineering & Automation Forum 2017 in Berlin und Düsseldorf wurden und werden von uns besucht. Nirgendwo sonst im näheren Umkreis gibt es so viele Fachbesucher. Daher ist auch das WSCAD Pflicht für die SEH Computertechnik GmbH. In diesem Jahr lagen unsere Produktschwerpunkte natürlich auf unserem neuen Industrie-USB-Deviceserver INU-100 und auf unseren Dongleservern.
Man sieht: Für uns als deutschen Hersteller spielen Messen, Foren und Branchentreffs weiterhin eine große Rolle innerhalb unseres täglichen Geschäfts. Wir betrachten diese Veranstaltungen als zentrales Element in unserer Marketingstrategie. Allerdings glauben wir beurteilen zu können, dass ein scharfes Umdenken bei einigen Veranstaltern großer Fachmessen notwendig ist, um nicht den Anschluss an den Trend zu verpassen. Und dieser deutet zweifelsohne in Richtung Spezialisierung.
Nun kommen wir zur eingangs erwähnten Frage eines vermeintlich besseren Konzepts der SEH zurück. Warum wohl blieben Besucher sowohl in Fleesensee als auch in Bochum oder Tokyo bei uns stehen? Weil sie sich für unsere Produkte interessierten, die nicht mit branchenfremden Ausstellern im nahen Umfeld konkurrieren müssen, so wie dies in großen Hannoverschen Messehallen mitunter der Fall ist. Reizüberflutung durch Technologie-Mischmasch. Bei ALSO, ComLine und Co. können wir hingegen passgenau und in ruhigem Ambiente unsere Themen „Dongle Management“ oder „Enterprise AirPrint“ ausspielen und anbringen. Auf der CeBIT waren wir sogar einer der wenigen Aussteller im Umfeld, die noch echte Hardware zeigten. Das war unser großes Plus. Etwas Handfestes in den Schaukästen auszustellen, das hat in den letzten Jahren auf diesen Großveranstaltungen fast Seltenheitswert. In den meisten Fällen geht es um IT-Lösungen, die nur über einen Bildschirm flackern können. Dazu gibt es vielleicht einen Sportwagen zu sehen oder andere Eyecatcher, die nicht unbedingt zur Standaussage passen. Das ist gerade auf einer Hausmesse nicht die Regel. Wir fallen gerne auf – durch Kompetenz, Lösungen und Wissen, nicht durch Radau und Lichtblitze.
Für uns ist das direkte Gespräch mit Kunden und Interessenten essenziell. So erfahren wir, wo sie IT-Probleme haben, welche Wünsche sie hegen, besprechen mit ihnen ihre Fragen zu den Funktionen und finde heraus wo SEH ihnen weiterhelfen kann. Das funktioniert in einem kleineren Rahmen besser als im Massentrubel von Messen wie einer CeBIT.
Generell möchte ich noch klarstellen: Dies ist kein Veto gegen CeBIT & Co. Im Gegenteil – diese Messe ist und bleibt für uns wichtig und Pflichtprogramm. Aber die Veranstalter tun gut daran, stets ein Auge auf die „kleine Konkurrenz“ zu werfen, um auf der Attraktivitätsspur nicht überholt zu werden. Diesen Fehler haben COMDEX, Orbit-iEX und Co. teuer bezahlt. Und mit dem kürzlich angekündigten neuen, frischen und „moderneren“ Konzept nehmen sich die Verantwortlichen der CeBIT eine Menge vor. Ob dies ein erfolgreicher Neuerungsprozess oder der Anfang vom Ende wird, zeigt sich schnell.“
Zum Schluss noch ein Buchtipp: Wie sich Messen und ihr „Drumherum“ heutzutage verändert haben, verdeutlicht übrigens sehr gut das Buch „Messen im Wandel: Messemarketing im 21. Jahrhundert“ von Hermann Fuchslocher und Harald Hochheimer.
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