Mobile Virus: Wir sind alle Golgafrinchamianer

Eine Entschuldigung vorweg: der Zungenbrecher im Titel ist, wenngleich treffend für dieses Thema, ein Ausdruck persönlicher Vorliebe für Douglas Adams Bücher. Ein paar leidenschaftliche Leser werden den Planeten Golgafrinchamian kennen (ich musste ihn erst Googlen). Er erlangte ironische Berühmtheit dadurch, dass seine Bewohner an einer Seuche starben, die über dreckige Telefone übertragen wurde.

Auch wir Erdlinge (die laut Adams Abkömmlinge der letzten Golgafrinchamianer sind) könnten an Viren leiden, die wir uns über unsere Telekommunikationsgeräte einfangen – in diesem Fall geht es um Handys, die Ziel von „mobilen“ Viren werden. Zwei Beispiele aus dieser Woche zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie sich die digitalen Schädlinge (gesteuert von ihren Prgrammierern) im mobilen Netz ausbreiten.

  • Die Drohnen der US-Luftwaffe sind von Keystroke-Viren befallen, welche die Eingaben der Piloten aufzeichnen. Es ist ein Rätsel, wie diese Infektion passieren konnte, da die Air Force ihre Netze strikt vom Internet isoliert.
  • Das mTan-Verfahren des Online-Bankings, bei dem für jede einzelne Transaktion eine eigene TAN generiert und an das Handy des Nutzers geschickt wird, wurde erstmals Opfer eines Trojaners. Er leitet die SMS an ein anderes Ziel um, nachdem er zuvor bereits die Zugangsdaten des Online-Kontos ausgespäht hat.

 

Viren erschaffen: ein Kinderspiel

Viren erschaffen: ein Kinderspiel

Über mobile Viren wurde schon längere Zeit spekuliert, große Probleme scheinen sie bisher nicht verursacht zu haben. Dies mag daran liegen, dass sie nur aufwendig zu programmieren sind (anders als herkömmliche Viren, die mittels online verfügbaren Baukästen von jedem technisch Begabten geschaffen werden können. Frankenstein lässt grüßen). Um sich zu lohnen, müssen diese Viren einem Zweck dienen: Mord und Diebstahl zählen zu den wichtigsten kriminellen Disziplinen, und es verwundert nicht, dass gerade hier die technisch fortschrittlichste Malware eingesetzt wird.

Die anderen Felder der Unmoral werden sicher folgen. Location-based Spam, Spionage über die Handykamera, Foursquare-Betrug (es könnte ja einer unseren Bürgermeisterpreis scharf sein. Zu Recht.) oder gezielter Adressdiebstahl – die Gurus der IT-Schattenwirtschaft haben sicher schon die nächste Killer-App (no pun intended) in Entwicklung.

Wenn Sie also in nächster Zeit ihr Konto unerwartet leer vorfinden oder von einer gekaperten Bundeswehr-Drohne ausspioniert werden, dann sind Sie Opfer der menschlichen Kreativität in Bestform. Doch es gibt Hoffnung: unsere Ahnen, so Adams, waren nämlich nicht nur irgendwelche Golgafrinchamianer. Sie waren Telefon-Desinfizierer.

 

Bild: Kaptain Kobold

2 Kommentare
  1. Micha Schlede says:

    Wichtig dazu noch, für die Leute, die eben Douglas Adams wertvolle Geschichten NICHT (gibt’s das?) kennen: Die Golgafrinchamianer sind gestorben, weil sie die Telefon-Deinfizierer (wie auch Gebrauchtwagenhändler und Rechtsanwälte :->) für absolut überflüssige Menschen hielten und sie deshalb einfach alle in ein Raumschiff gesetzt haben.

    Daraus folgt: a.) nicht alle Menschen sind Telefon-Desinfizierer (gibt auch noch
    Gebrauchtwagenhändler etc.) und
    b.) ausgestorben sind sie ob ihrer eigenen Dummheit……

    Auch hier — wie ich finde viele, viele Parallelen — gerade in Hinblick auf IT-Security

  2. Michael Höppner says:

    Sind das im Deutschen echt Gebrauchtwagenhändler und Rechtsanwälte? Ich dachte im Englischen wären es „Management Consultants and Marketing executives“. Ist das vielleicht dadurch entstanden, dass 1980 Deutschland mit seiner weniger weit entwickelten Service-Branche nichts hätte anfangen können mit diesen Begriffen?
    Auf der anderen Seite war es auch einfach eine Eigenheit des Übersetzers. Ich lese wo ich kann die Originale, vor allem bei Komödien. Sie werden von Komikern geschaffen. Aber übersetzt von Übersetzern.

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