Moderner Journalismus und moderne PR
Wir alle erhalten unsere Nachrichten von Journalisten. Doch woher erhalten die Journalisten ihre? Diese Frage ist für die Pressearbeit natürlich zentral, und deswegen war die Studie „Trends im Journalismus 2016“ für uns von größter Wichtigkeit. Zusätzliche Bedeutung erhält sie dadurch, dass eine der wichtigsten Kanäle und Quellen – LinkedIn – gerade von einem der größten Unternehmen gekauft wurde – von Microsoft natürlich. Im Zuge der anhaltenden Debatte über die Zensur oder Filterung von Nachrichten auf Facebook ein heißes Eisen: können Journalisten ihre Unabhängigkeit bewahren? Wie kann moderne PR in Zusammenarbeit mit ihnen funktionieren?
Die journalistische Arbeit wird nicht leichter
Sicherlich sind die Fachleute für Information noch stärker darauf angewiesen, aus der Fülle neuer Kanäle diejenigen heraus zufiltern, die ihnen am meisten bei der Abreit helfen. Denn der Druck auf die Medienvertreter ist gestiegen. Die IT-Revolution hat auch ihre Branche umgewälzt, und wir alle haben miterlebt, wie mannstarke Redaktionen drastisch verkleinert wurden. Dieser Trend wird sich fortsetzen: 43 Prozent der Journalisten erwarten, dass ihre Medien in fünf Jahren mehr mit Freelancern zusammen arbeiten. Festanstallungen werden rar. Die Chefs fordern immer mehr Tempo (es steht in der Liste der Prioritäten auf dem vierten Rang, nach Tiefe, Lesbarkeit und Objektivität). Zeitmangel ist der größte Stressfaktor für die Journalisten. 75 Prozent der Presseschaffenden sagen, dass sie mehr Deadlines haben und mehr Content produzieren müssen.
Roboter statt Recherche?
Eigentlich eine Rolle für Roboter, und in der Tat werden News-Algorithmen schon in verschiedenen Redaktionen im Einsatz. Die AP etwa verwendet sie für die Finanzberichterstattung. Aber nur 2 Prozent der Befragten glauben, dass AI-Systeme ihre Arbeit erledigen werden. Komplexe Zusammenhänge zu erklären bleibt vermutlich ein Job für Reporter aus Fleisch und Blut.
Doch dazu müssen sie sich verändern und an die neue Situation anpassen: 78 Prozent wissen, dass sie neue Fähigkeiten erlernen müssen . Schon jetzt sind die meisten Journalisten vielseitig gefordert: als Social Media Fachmann (60Prozent), Fotograf (51 Prozent), sogar als Datenanalyst (38 Prozent). Das müssen sie aus eigenem Interresse auch beherrschen: der Erfolg ihrer Arbeit bemisst sich zunehmend an Daten wie Klickzahlen und Interaktionen (40 Prozent der deutschen Pressevertreter geben dies an, und sogar 66 Prozent in den USA).
Moderne PR ist multimodal – aber die Persönlichkeit bleibt das Wichtigste
Wie also erreicht man den modernen Journalisten? Hier hat sich nichts geändert: es ist der persönliche Kontakt, der zählt. Die Wertschätzung und Ansprache, die ein Gesprächspartner hier zeigt, zahlt sich aus. Es ist ein zeitintensiver Weg, News zu vermitteln, aber gerade deswegen einer, den nur jemand wählt, der wirklich etwas zu sagen hat. Zudem denkt ein menschlicher Gesprächspartner mit, überlegt, wo er sein Gegenüber abholt und womit er ihm am besten helfen kann.
Auf Platz zwei ein weiterer alter Bekannter: die Pressemitteilung. Noch vor Social Media, Suchmaschinen oder Empfehlungen zeigt sie, dass das speziell für die Pressevertreter gemachte Format seinen Wert für sie nicht eingebüßt hat. Sie ist nach wie vor ein Schlüsselelement für moderne PR.
Wohin gehen die News? Wir erreichen sie den Leser? Print und Website sind immer noch der Königsweg für die Journalisten (74 Prozent jeweils), gefolgt von Facebook und Twitter. Dies bedeutet aber auch, dass Bilder immer wichtiger werden. Ihr Fehlen bei der PR ist für die Journalisten eines der größten Ärgernisse – es liegt auf Rang drei der Frust-Faktoren.
Was ist die Schlussfolgerung dieser Momentaufnahme? In Anbetracht der Komplexität vieler Themen ist es unwahrscheinlich, dass Roboter den Journalismus übernehmen – und die Bedeutung der persönlichen Kontakte macht dies auch für die PR unwahrscheinlich. Doch wir als Profis der Kommunikation sind gefordert, mehr daruf zu achten, dass die Bedürfnisse der Journalisten erfüllt werden. Sie brauchen jemanden, der mitdenkt, und der dabei alle Facetten ihrer neuen Arbeitswelt berücksichtigt – von Bildern über Social Media bis hin zur Frage, wann im hektischen Redaktionsalltag Zeit ist für das kurze, aber wichtige Gespräch.
Mynewsdesk befragte für diese Untersuchung 2.000 Journalisten weltweit, die überwiegend über 18 Jahre lang journalistisch tätig sind.
Bildnachweis: Harris & Ewing, photographer – Library of Congress, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43441300
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