Münchner IT-Unternehmer begegnen neuem IBM-Standort mit gemischten Gefühlen

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MUK IT

Unternehmer im Münchner Unternehmerkreis IT (MUK IT) erwarten nach der Ankündigung der IBM, sein internationales Watson IoT Center in der bayerischen Landeshauptstadt anzusiedeln, eine Aufwertung des IT-Standorts München, aber auch einen noch schärferen Wettkampf um gut qualifizierte Mitarbeiter.

Es war Zufall, dass der Münchner Unternehmerkreis IT (MUKIT) nur zwei Tage nach der überraschenden Ankündigung der IBM sein internationales Zentrum für Entwicklungen rund um das Internet der Dinge in der bayerischen Landeshauptstadt anzusiedeln, Vertreter der IBM und anderer IT-Konzerne zu Gast hatte. Traditionell diskutieren die High-Tech-Mittelständler im MUKIT jedes Jahr im Dezember die Trends der IT-Branche für das kommende Jahr. Und ebenso traditionell moderiert vibrio-Chef Michael Kausch die Elefanten-Runde mit Repräsentanten der großen IT-Unternehmen.

MUK IT Agenda

In diesem Jahr diskutierten rund 80 Firmeninhaber – vom kleinen IT-Service-Anbieter mit fünf Mitarbeitern bis zum international agierenden Familienunternehmen mit mehr als 500 Angestellten – mit Vertretern von IBM, Microsoft, Fujitsu, salesforce.com und der Deutschen Börse Cloud Exchange. Dabei ging es nicht nur um die großen Trendthemen wie Cloud Computing, CRM, IT-Sicherheit und Industrie 4.0, sondern aus aktuellem Anlass auch intensiv um die Pläne der IBM im neuen Watson IoT Center mit mehr als 1.000 Mitarbeitern sein internationales Zentrum für die Entwicklung von Lösungen für das Internet der Dinge in München anzusiedeln.

Die Politik muss auf Investitionen der Konzerne mit Wohnungsbau reagieren

Finn Boysen

Finn Boysen, ISV Lead bei Microsoft Deutschland

Diese von Landes- und Kommunalpolitikern freudig begrüßte Investitionsentscheidung wird von den hiesigen IT-Unternehmen mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen. Zum einen erwarten viele der Diskussionsteilnehmer einen Image-Gewinn für den Technologiestandort München insbesondere auch gegenüber Berlin. Die deutsche Hauptstadt hat in den letzten Jahren München als Innovationsstandort insbesondere unter jungen Start-Ups und Internet-Unternehmen weitgehend abgehängt. Andererseits leiden schon heute viele kleine und mittelständische IT-Unternehmen unter den hohen Lebenshaltungskosten und unter fehlendem Wohnraum für ihre Mitarbeiter. „Letztlich haben wir im Wettbewerb gegen HighTech-Anbieter wie IBM, Microsoft oder BMW und Audi um die besten Ingenieure doch keine Chancen.“ Dieser Sorge schlossen sich viele IT-Mittelständler während der Diskussion des Münchner Unternehmerkreises an.

Andererseits verwiesen die Repräsentanten der großen IT-Konzerne auf ihre zahlreichen Partnerprogramme. Finn Boysen, als ISV Lead bei Microsoft Deutschland für Partnerprogramme mit unabhängigen Softwareunternehmen verantwortlich, verwies darauf, dass die großen Konzerne Basistechnologien entwickelten, die häufig erst durch die Arbeit mittelständischer IT-Anbieter zu konkreten Produkten und Lösungen würden. Allerdings müssten sich die mittelständischen Technologieanbieter im Zeitalter des Cloud Computing ebenso neu erfinden, wie dies die großen bereits tun: „In unserer Industrie sind Unternehmen häufig Partner und Wettbewerber zugleich. Dies gilt für den Arbeitsmarkt ebenso, wie für die Technologie-Entwicklung. Erfolgsrelevant ist die Schnelligkeit, weniger die Größe“.

Deutlich wurde, dass das Engagement der großen IT-Konzerne für Mittelständler Chancen eröffnen. Andererseits steigt durch neue Investitionen der Großen der Druck auf kommunale und regionale Politiker mehr in bezahlbaren Wohnraum und flexible Gewerbeimmobilien für kleine und mittlere Unternehmen zu investieren.

Die zentralen Technologie-Trends aus der Sicht großer IT-Unternehmen (vorgestellt auf dem 80. Roundtable des Münchner Unternehmerkreises MUKIT am 17. Dezember 2015):

Maximilian Ahrens: CTO und Vorstandsmitglied der Deutsche Börse Cloud Exchange

„Cloud-Marktplätze ermöglichen neue Geschäftsmodelle. Die Cloud wird auch 2016 die ITK-Branche maßgeblich beeinflussen. Immerhin setzt heute bereits ein Großteil der Unternehmen die Cloud ein und der Umfang cloud-bezogener Workloads steigt kontinuierlich. Die zunehmende Zahl an verschiedenen Providern auf dem Markt sorgt für einen verschärften Wettbewerb. Anbieter klassischer IT-Infrastruktur wie Systemhäuser oder Reseller geraten durch das veränderte IT-Sourcing-Verhalten der Unternehmen immer stärker unter Druck. Cloud-Marktplätze wie die DBCE bieten hier neue Vertriebswege: Cloud Provider erschließen auf einer zentralen Plattform länderübergreifend neue Zielgruppen und Geschäftsmodelle.“

Jörg Brünig, Senior Director Channel Managed Accounts und Mitglied der Geschäftsführung Deutschland

Joerg Bruenig„Eine zentrale Herausforderung wird 2016 sicherlich wieder das Thema IT-Sicherheit. Angesichts der vielen Bedrohungen und möglichen Angriffspunkte in vernetzten Infrastrukturen sind neue Ansätze wie der des Fujitsu Forschungs- und Entwicklungsprojekts Digitale Souveränität und des Fujitsu Stealth Datacenters, einem neuen Sicherheitskonzept für das Rechenzentrum, gefragt. Durch die zunehmende Vernetzung von Geräten wird auch das enorme Datenwachstum zum zentralen Thema. Höchste Flexibilität bei der Skalierbarkeit der Speichersysteme ist für Unternehmen unabdingbar. Ein weiterer Trend geht zu hyperkonvergenten Systemen. Sie helfen Unternehmen, den Rechenzentrumsbetrieb zu rationalisieren und reduzieren den Administrations- und Wartungsaufwand.“

Dr. Antonio Palacin: Director of IBM SAP International Competence Center, IBM Global Alliance

Dr Antonio Palacin„Heute stehen wir am Anfang der Ära Cognitive Computing. Durch das Internet of Things (IoT) wird die Datenmenge weiter zunehmen. Diese Vielzahl an zusätzlicher Information verändert die Art und Weise wie Daten analysiert und interpretiert werden. Am Ende kann uns das kognitive System nicht nur bei unserer eigenen Entscheidungsfindung helfen, sondern darüber hinaus eigene Entscheidungen treffen. In der Medizin zum Bespiel kann IBM Watson einem Arzt bei der Diagnose assistieren und auch Vorschläge für Behandlungsmethoden ableiten. Hier entscheidet der Arzt zwar selbst am Ende über die Behandlung, aber das System kann helfen, die Diagnose präziser zu gestalten und den Heilungserfolg zu optimieren.“

Harald Esch, Area Vice President Commercial Sales salesforce.com Germany

Harald Esch„CRM als reines Datensammeln zu verstehen, ist heute definitiv nicht mehr zeitgemäß. Und beim vielzitierten 360 Grad Blick auf den Kunden geht auch nicht darum, einfach nur alles über den Kunden zu wissen, sondern dem Kunden echten Mehrwert durch zugeschnittene Services, Angebote zu bieten. 2016 wird das Jahr der Kunden-Fokussierung werden, wie das auch bereits kürzlich beim Wirtschaftsgipfel der SZ in Berlin diskutiert wurde. Kunden-Fokussierung ist ein key factor beim Digitalen Wandel, der 2016 in die zweite Phase treten wird. Auch der deutsche Mittelstand mischt kräftig mit. Einer der digitalen Vorreiter ist z.B. KBA, der älteste und zweitgrößte Druckmaschinenhersteller der Welt, der Fehler auf Basis von Internet of Things-Technologien schon im Voraus behebt, bevor sie zum Ausfall einer Maschine führen.“

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