Netzgemüse gibt den Takt – „Ohne Jauch gehts auch“ den Kick
Tag zwei der re:publica ist voll im Takt – vor allem, wenn @netzgemuese erst mal loslegt. Abends zog „Ohne Jauch geht’s auch“ die Menschen an, um ihnen einen Kick zu geben – „Kreative, ihr müsst etwas ändern an den Arbeitsbedingungen“. Überhaupt – schon der morgendliche Auftakt mit Teresa Bücker, unter @fraeulein_tessa für Gleichberechtigung und Veränderung der Arbeitswelt twitternd, war ein Anstoß zum „Arbeits-“ Welt-Verändern.
Veränderte Arbeitwelten mit und durch das Internet
Wissenschaftlich fundiert, mit zahlreichen Zitaten versehen und belegt, schildert Teresa Bücker in der ersten Sesssion auf Stage 1, wie unverantwortlich wir uns auf die – auch durch das Internet ! – veränderten Arbeitsbedingungen einlassen, wie wenig wir uns wehren gegen die Art der Ausbeutung, teilweise auch Selbstausbeutung. Ein bisschen abgehoben wirkt es, und doch steckt so viel Grundlegendes darin, dass es jeder Politiker, jeder Arbeitgeber kennen und wissen sollte. Es schafft zudem die Klammer des heutigen Tages über die Defizite der an die veränderten Bedingungen angepasten Bildungsarbeit hin zum Apell der „Gegen-Talker“ am Abend:
Verbündet Euch und werdet Euer eigener Arbeitgeber, wenn es sein muss. Dazwischen stand die „next-generation“.
Rap gegen die Zustände in der „Erziehung“
20 Minuten volle Power, voller Beschuss – mit all dem, was „da Draußen“ auf unsere Kinder eindrischt und mit unseren Kindern gemacht wird. Das war es, was die erfolgreichen Buchautoren und Mit-re:publica-Initiatoren Tanja und Johnny Haeussler uns kraftvoll mitteilten. Harsche Kritik steckt in dem im Wechsel von Tanja und Johnny Haeussler vorgetragenen Rap, der durch den Raum donnerte. Ihr Ärger und ihre Mut, offen dagegen vorzugehen und laut zu werden, beeindruckte die Zuhörer gleich doppelt. Und das ist gut so. Allerdings wünschte ich mir, sie hätten „da Draußen“ mehr Gelegenheit dazu – verhallt es nicht noch zu sehr in der Internetgemeinschaft, ohne aktiv weitergetragen zu werden? Die „next-generation“ wird es ihnen und allen danken, wenn sie nicht mehr zwischen althergebrachten Ideologien und den teilweise überfordernden Ansprüchen zerquetscht werden. Ihr Wunsch ist es, dass Bildung wirklich von denen gemacht und geplant wird, die direkt drin stecken – und nicht von Politikern, die seit 40 Jahren nichts mehr mit Kind-sein und Lernen zu tun haben.
Traut den Kindern mehr zu
Mehr braucht es eigentlich nicht, so der anschließende, ebenfalls perfekt getaktete und fundierte Vortrag von Manuela Schauerhammer – die an alle appelliert, den Kindern mehr Eigenverantwortung zu geben, sie aber nicht allein zu lassen dabei.
Fantastische Beispiele, die sie anbringt, wie Kinder selbstbewusst und verantwortlich mit und im Netz aggieren – bis hin zur Anfrage an Schokoladenhersteller, ob diese denn potentiell auch Kindersklaven beschäftigen für die Herstellung ihrer von Kindern hier gern gegessenene Süßigkeit. Begeisternd desshalb, weil die Kinder, die fragten, ganz von alleine Pseudonyme verwendeten für ihren Absender – „wenn man Firmen fragt, die potentiell Kinder…“ waren dabei die Gedanken. Dass es auch für den Nobellpreis vorgeschlagene Jugendliche gibt, die sich gegen Erwachsene bei ihren Forschungen erst einmal extrem behaupten mussten, ist nur ein Nebeneffekt dieser Beispiele.
Talken wie Jauch? Nein danke
Frustriert und verärgert über die Missnutzung unserer Rundfunkgebühren hat Sue Reindke sich aufgemacht, die Dominanz inhalts- und kompetenzleerer Talkrunden anzuprangern. Sie tat es mit einer als interaktiv geführten Talkrunde. Dass das „Interaktiv“ ein wenig zu kurz kam, sollte man ihr nicht anlasten – die rahmenbedingunen einer Fernsehaufzeichnung sind an einem Ort wie der re:publica nicht wirklich gegeben. Kurz: Etat, Equipment und (fehlende) Testläufe – all das unterscheidet vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und vor allem: die Kompetenz auf der Bühne aka Couch.
Sie stritten nicht, und doch war es kein seichter Abendtalk und es ging auch nicht so sehr um persönliche Befindlichkeiten, insbesondere auch nicht Dritter, die gar nicht anwesend waren. Und doch beschlich mich ein wenig das Gefühl, dass sich dies nicht so sehr unterscheide von anderen Talks. Sicher, von Jauch im Ersten schon. Doch der war ja auch nicht da. Meine interaktive unter dem Hashtag #ojga gestellte Frage, ober er denn gefragt worden sei und abgesagt hätte, wurde leider nicht beantwortet. Was es unterschied vom Fernsehprogramm war sicher die Fragestellung: Was müssen wir ( die Kreativen, die re:publica Besucher, die Internetgemeinde?) tun, um bessere Arbeitgeber zu sein und leben zu können statt zu funktionieren? Ein Ergebnis gab es in der Kürze der Zeit nicht – einen Appell durchaus. Dieser ist nicht unbekannt, nämlich das ausbeuterische Arbeitsleben, das durchaus auch durch die immer und überall vorhandene Erreichbarkeit des Arbeitenden via digitaler Vernetzung besteht, zu verändern. Doch der Putzfrau nutzt das nichts. Die bekam allerdings durchaus gerechtfertigt die Ehre, dafür zu stehen, dass „wir Digitalisten“ vielleicht einfach zu elitär sind, um uns vorstellen zu können, dass der Job für die Putzfrau vielleicht gar nicht so schlecht ist, wie wir ihn sehen. Bleibt zu hoffen, dass aus den zahlreichen Aufrufen, etwas zu ändern an den Bedingungen und der eigenen Bereitschaft, sich darauf einzulassen, tatsächlich eine Veränderung hervorgeht.
Ach ja, es gab noch wahnsinnig spannende Pannels zu wissenschaftlicher digitaler Präsenz, und wie sich das endlich mit dem Allgemeinwissen verknüpfen lässt, oder auch wie Higgs und Qarks besser vermittelt werden können oder Visualisierung von Musik und wie die Welt wäre, wenn Maschinen menschlich wären… über einen Teil hat Markus Pflugbeil geblogt – und ich muss weiter, Tag 3 ruft schon laut. Freue mich auf eine Zusammenfassung all des Ausgelassenen – und wie gesagt: kostenlos bis 12 Uhr der e-Book-Download über die re:publica Seite…
Mein Fazit: zu viel für einen Tag – auch zum Nachbereiten 😉
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