Plötzlich Springer-Reporter
Rückblick: Vor 10 Jahren wurde ich plötzlich Journalist einer Springer Zeitung. Ausgerechnet Springer! Ich SPIEGEL-Leser und Wallraff-Fan. So schnell kann es gehen. Und das kam so:
Springers Aushängeschild WELT hatte eine Reihe „Edel-Blogger“ eingeladen eine Ausgabe der WELTkompakt zu gestalten. Unter den Eingeladenen befand sich auch die Redaktion des Blogs „Czyslansky„, den ich gemeinsam mit meinen Freunden Sebastian von Bomhard, Alexander Broy, Tim Cole, Alexander Holl, Alexander Pfitzinger (ja, der Anti-BILD-Blogger), Lutz Prauser, Ossi Urchs und Christoph Witte gegründet hatte. Während auf Twitter und in einschlägigen alternativen Gazetten diese Aktion heftig kritisiert wurde (ich berichtete auf unserem Blog), waren wir der Einladung ohne große Diskussion freudig gefolgt. Meine Freunde fuhren nach Berlin, ich konnte zwar nicht vor Ort dabei sein, beteiligte mich aber mit einem Beitrag über „Sterbende Netze. Warum wir schließlich alle ins Gesichtsbuch eingehen werden“ an der Sonderausgabe der WELTkompakt.
Ich habe vor zehn Jahren behauptet, dass von den vielen sozialen Netzwerken am ende wohl nur zwei oder drei Netzwerke übrig bleiben werden, darunter Facebook und LinkedIn und die zahlreichen regionalen Netzwerke keine Chance mehr haben würden. So falsch lag ich wohl nicht. Von Chatrooms und Bilderdiensten war nicht die Rede.
Die WELTkompakt war für uns ein Spiel, für Springer ein Experiment
Für den Springer-Verlag war die Sonderausgabe der WELTkompakt ein mutiges Experiment. Das formulierte der Verlag jedenfalls in einer Presseerklärung.
Man wollte einen Dialog zwischen „alter und neuer Welt“ beginnen, zwischen Journalismus und Bloggerei. Kritische Blogger – also diejenigen, die nicht zur Teilnahme eingeladen waren – warfen dem Verlag Ausbeutung vor: man wolle teure Journalisten dauerhaft durch preiswerte Blogger ersetzen. Das war natürlich Blödsinn. Eingeladen waren Modebloggerinnen, die sich tatsächlich vom kleinen Unkostenbeitrag ein paar Schuhe kauften. Czyslanskys hätte sich der Verlag auf Dauer niemals leisten können … 😉
Für uns war alles nur Spaß. Wir kannten den Unterschied zwischen Blocksatz und Blog und wir wussten auch, dass beide Welten nicht zusammenpassten. Wir durften schreiben was wir wollten – im Gegensatz zu den fest angestellten Journalisten des Verlags. Wir hatten im Juni 2010 einen Tag lang Springer übernommen. Oder zumindest einen Teil davon. 42 Jahre vorher konnte Rudi davon nur träumen …
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