Quiet Period: das offene Großraumbüro im Praxistest

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Wir haben jetzt eine unoffizielle Firmenhymne. Sie geht so:

„Der Sound Wizard überprüft jetzt, ob mein Mikrofon funktioniert und die Mikrofonlautstärke korrekt eingestellt ist.“

Allerdings sind wir nicht so pedantisch mit dem Text. Bisweilen schallen ein paar Variationen duchs Büro, angefangen vom Harmlosen („Bla Bla Bla Bla Bla“) bis zum Heißblütigen („@ # ! &$ Sound Wizard. Was für ein # * §&#“). Meistens werden diese Darbietungen von einem Chor spöttischer Kollegen unterlegt, die den Kampf mit der Technik kommentieren (ihrerseits aber vor nicht allzu langer Zeit selber die Firmenhymne gesunden haben).

Eigentlich sollte sich die Voice over IP-Software die Einstellungen ja merken. Tut sie aber meistens nicht (ich selber habe seltsamerweise nur ein einziges Mal den Sound Wizard machen müssen – und dass obwohl wir alle identische Laptops mit identischer Software benutzen). Und so ist der Kampf mit der Technik einer der unterhaltsameren Indikatoren für eine Thematik des offenen Großraumbüros:

Foto: Holger Ellgaard

Foto: Holger Ellgaard

Das Telefonieren.

Für uns Einzel- oder Doppelzimmer Bürokraten ist es durchaus eine Umstellung, jetzt mit einem halben Dutzend Kollegen um die akustische Oberhoheit zu ringen. Kommunikation ist unser Beruf, und nur beim Reden kommen die Leute zusammen, also Telefonieren wir oft und viel. Das fällt nicht mehr allen leicht. Manche können nur noch sprechen, wenn sie sich seitwärts drehen und durch das Panoramafenster Richtung Alpen schauen (kein Scherz. Vierter Stock Südlage macht nicht mal Fön nötig. Nachts glimmt das rote Auge der Allianz-Arena wie eine Kulisse aus Herr der Ringe durch die Dunkelheit. Auch sehr fesselnd.) Andere werden unabsichtlich lauter, wenn der Kollegen nebenan zum Headset greift, was zu einer Rüstungsspirale der Phonzahlen führen kann. Ich persönlich finde es schwierig, wenn mich Schwiegermutter oder Vater anrufen, weil mein Sohn gerade Sehnsucht hat. Man kommt sich albern vor, wenn man Privatgespräche über die Befindlichkeiten eines Dreijährigen führt, und die ganze Kollegenschaft potentiell mithören kann.

Denn Mithören tun wir, unfreiwillig oder absichtlich. Das hat Vorteile – ich sage nur „Großraum-Wiki“, wenn eine offene Frage im Gespräch mit dem Kunden durch einen spontanen Zuruf beantwortet werden kann. („Ich weiß auch nicht genau, wie wir am besten zur Redaktion fahren.“ – „A 99 und A 92“ – „Danke!“) – es hat aber auch Nachteile, die auf der Hand liegen. Der Lärm ist ein Problem, ebenso die Tatsache, dass der Gesprächspartner hört, dass man nicht allein ist und also nicht hundertprozentig vertraulich spricht.

Doch das klingt schlimmer als es ist. Wir haben uns an unsere neue Arbeitssituation gewöhnt, und eigentlich will keiner mehr zurück in die Isolationszelle (oder zumindest gibt es keiner zu). Wie bei vielem Neuen, dass sich aus dem Umzug ergeben hat, mussten wir uns darin einarbeiten, neue Modi finden und unausgesprochene Regeln entdecken: wer merkt, dass der Kollege gerade einen „haarigen“ Call hat, verlegt die ad-hoc Strategiebesprechung mit dem Teampartner in die Kaffeeküche. Es gibt eine Handvoll von herkömmlichen Handgeräten, die man aus der Ladestation nehmen kann, um in der Lobby ungestört zu reden. Wer weiß, dass eine lange Liste an Anrufen abzuarbeiten ist, hat die Möglichkeit im Homeoffice zu bleiben. Ich selber habe meinen virtuellen Hörschutz neu entdeckt. Wenn ich konzentriert an einer Aufgabe sitze, blende ich die Außenwelt aus. Jetzt gerade frage ich mich, was die Kollegin eigentlich will, die schon seit einer Minute neben meinem Tisch steht.

Was, es stehen Weihnachtsplätzchen für alle in der Kaffeeküche? Ah, stimmt: Quiet Period heißt ja eigentlich „Staade Zeit“.

1 Antwort

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  1. […] vibrio-Büro ist ja nicht erst seit unserem Umzug auf Mobilität ausgelegt. Die größere Flexibilität ist – das haben wir inzwischen herausgefunden – […]

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