re:publica 15 – 3 Tage voller Inspiration und Information
Wie auf- und abgeklärt die Teilnehmer der re:publica sind, zeigte sich am Bahnstreik ganz gut. Ausgerechnet zum ersten Veranstaltungstag starteten die Lokführer ihren sechstägigen Streik. Dennoch führte das bei über 450 Sprechern nur zu drei Absagen und auch bei den Teilnehmern war der Streik als Gesprächsthema schnell durch. Wer kommen wollte, konnte anreisen: nichts ist so zuverlässig, wie der Ersatzfahrplan der Bahn (oder mit dem Flugzeug natürlich).
Nicht nur aus Anlass des Bahnstreiks handelte @bwjetzt, das Landes-Marketing von Baden-Württemberg, im Social-Media-Sinne vorbildlich.
Baden-Württemberg war übrigens als einziges von 16 Bundesländern wieder auf der #rp15 vertreten. Ein Tweet mit dem Hashtag #freubier bescherte einem ein kostenloses Tannenzäpfle. Die Tafel an ihrer Standsäule wurde flugs in eine Mitfahrbörse umgewandelt (nach BW natürlich ;-). Auch der umtriebige BarCamp-Organisierer und Monitoringmatcher Stefan Evertz startete eine Mitfahrbörse, online per Google docs. „Einfach mal machen“ – das wäre das bessere Motto gewesen, als „Finding Europe“. Europa habe ich auf der #rp15 nur selten gefunden – was angesichts der Flüchtlingskatastrophe, der verquasten Netz- und Telekommunikationspolitik sowie der umstrittenen Tipp-Verhandlungen eigentlich seltsam ist.
Die re:publica Mischung machts und die war wieder gut
Dennoch bot die re:publica auch in diesem Jahr für mich wieder eine gleichgewichtige Mischung aus Nerds (Entwickler und anverwandte Freunde) und Geeks (engagierte Macher von irgendwas), Wissenschaftlern (Soziologie bis Cyber-Security), Firmenvertretern (vom Startup bis zum Weltkonzern) sowie Kommunikationsfuzzies (subsummiert irgendetwas mit Medien: PR, Marketing, Journalisten, Programmmacher, Fotografen, Kameraleute usw.). Aus meiner Sicht ist es genau diese Mischung, die die re:publica weiterhin so inspiriend macht – sollte eine dieser Gruppen die Oberhand bekommen, diese Gefahr sehe ich z.B. bei Irgendwas-mit-Medien-Machern, wird die re:publica obsolet, da es für diese Spezialzielgruppen schon Veranstaltungen gibt und die anderen Gruppen sich nicht mehr repräsentiert fühlen.
Anders und manchmal besser als ein Fachkongress
Das spezielle re:publica Gefühl ist denn auch für mich diese Überwindung der Grenzen des eigenen Fachgebiets, ohne der Notwendigkeit, sozusagen gleich morgen, im Tagesgeschäft von der Teilnahme einen direkten Vorteil zu haben. Das Veranstaltungsprogramm bietet eine enorme Breite; hier kann man auch nur empfehlen, nicht die Themen zu besuchen, in denen man sich selbst auskennt. Denn zum Glück ist die re:publica aus den oben genannten Gründen kein Fachkongress, d.h. im eigenen Fachgebiet kann es immer passieren, einen Sprecher zu hören, den man für zu oberflächlich hält oder dessen Thesen man schon kennt.
Enthusiasmus und Engagement wird belohnt auf auf der re:publica
Auch bei den Sprechern gilt, wie im Web ja immer: Wer für sein Thema brennt, der wird geliked. Das gilt von der vormittäglichen Keynote bis zum unterhaltenden Abendprogramm. Sprecher/innen aller Altersgruppen und Themen gaben ein vorbildliches Beispiel davon, dass man sich von Unternehmen, Bürokratie und Demokratie 1.0 nicht unterkriegen lassen darf: Das-war-schon-immer-so, Weiter-so, keine-Experimente, so-gehts-gar-nicht, darf-man-das-überhaupt sollten Ansporn sein, Neues zu wagen, sind aber keinesfalls Ausreden für Resignation . Besonders die Keynote des ersten Tages hat es in der Beziehung in sich: Ethan Zuckerman (NICHT: berg) überzeugte in mitreißender Rede davon, wie man negative Erfahrungen in positive Aktivitäten umwandeln kann – dabei hilft vor allem das Internet mit seinen grenzenlosen Vernetzungs- und Interaktionsmöglichkeiten.
Meine Highlights der re:publica
Dienstag
Ein mitreißender Vortrag zum Start: Ethan Zuckerman: The System is broken – and that’s the good news
Eine Statistik in Powerpoint schön aufbereitet und alle glauben es, am praktischen Beispiel demonstriert: Friedemann Karig: Die Abschaffung der Wahrheit
Eine Ex-Geheimdienstlerin wechselte die Seite und erzählte 45 Minuten druckreif ohne Manuskript: Annie Machon: The War on Concepts
Bestes österreichsiches Mash-up-Kabarett: maschek.findet.europa
Mittwoch
Unbedingt anschauen, vor allem diejenigen, die manchmal an Unternehmen, Organisationen und Behörden verzweifeln: Gunter Dueck: Schwarmdummheit
Pioniere von neuen Alexander von Streit u.a.: futureJournalism
Mut: A real time story jam. 7 Männer und Frauen erzählen persönliche Geschichten, zu denen es Mut brauchte.
Donnerstag
Läuft Europa Gefahr, auch im Internet of Things wieder den Anschuss zu verlieren fragt Stephan Noller: Karl der Käfer – der kurze Frühling des Internet of Things
Pop Poesia – Die große Schlagerlyrik Gala. Italienische Schlager ins Deutsche übersetzt und als Lesung vorgetragen, mit Bingo, Ramazotti und Lambrusco (solange der Vorrat reicht), ein großes Vergnügen vor der Abschiedsveranstaltung.
Noch mehr Bilder
Weitere #rp15 Bilder von mir – im Web auf flickr ansehen
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Hinweis: Dieser Beitrag ist bereits vorab in leicht veränderter Form auf meinem privaten Blog erschienen.
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