re:publica Montag oder was vom Tage übrigblieb
Gut los ging der Tag, weil wir uns die richtige Einlasssstrategie zurecht gelegt hatten: Pünktlich um 20 nach 8 schlugen wir am Eingang auf um unser Bändchen zu ergattern. Unsere Wartezeit beschränkte sich dadurch auf rund 10 Minuten vor der Schranke und rund 5 Minuten am Counter und danach hatten wir bis zum offiziellen Beginn noch eine gute Stunde Zeit zum frühstücken. Guter Plan!
Der anschließende Eröffnungsauftritt der Organisatoren war notwendig, aber nicht der Rede wert. Erwähnenswert lediglich der Hinweis auf das Thema Netzneutralität und den in Paris in Abschiebehaft genommenen Referenten aus Madagaskar. Wie ein schlechter Scherz mutet an, dass er abgeschoben werden soll, weil sein Hotelnachweis nicht auf Papier, sondern lediglich digital vorliegt (wenn ich es richtig verstanden habe).
Zwei geplante Veranstaltungen musste ich ausfallen lassen; ein Workshop war so überfüllt, dass trotz fast pünktlichem Eintreffens die Teilnehmer bereits hinter (!) der Leinwand Platz nehmen bzw. stehen mussten. Auf dem Weg in einen anderen Vortrag wurde ich von alten Bekannten abgehalten, die mir schweißgebadet empfohlen, nicht in den Vortrag zu gehen um Sauerstoffmangel und Hitzschlag zu vermeiden. Damit sind die Rahmenbedingungen der Veranstaltung auch gut beschrieben: Spontanität und Flexibilität sind notwendig – auch um sich von lieben Kollegen zu trennen, die man ja im Laufe der Tage nochmal trifft, weshalb nicht alles sofort beredet werden muss. Zumal interessante Sessions warten.
Re:publica: ideale Plattform für offenen Wissensaustausch und Kommunikation
Was vom gestrigen Tage übrig blieb ist bei mir vor allem der Workshop „Semiotik für Nerds“ von dem ich mir wenig erwartet hatte, der aber sehr gut moderiert war und inhaltlich zum Hinterfragen des eigenen Kommunikations- und Twitterverhaltens anregte. Man kann es nicht oft genug sagen: „Think before you tweet.“ Interessant, dass der Vortrag in vielen Teilen auf den Theorien von Umberto Eco aus den späten 1960er Jahren basierte. Und auch der Hinweis, dass letztendlich die Dadaisten und vergleichbare Kunstrichtungen die Vorläufer von Mash-Ups und Content Sharing waren. Sabria David und Jörg Braunkann man als Referenten uneingeschränkt empfehlen – wenn man sich auch mal auf theoretische Dispute einlassen will.
Im Gegensatz dazu stand der Dialog zwischen Mercedes Bunz und Diederich Diederichsen. Unter dem Motto des Buches von Bunz „Immmer dieses Internet!“ versuchten die beiden, ja was eigentlich? Eine im netten Plauderton gehaltene Selbstdarstellung, der es Klarheit, Kanten und kontroverser Diskussion fehlte. Eher eine diffuse und belanglose Plauderei, aber nicht 60 Minuten auf der großen Bühne Wert.
Unerwartet im Gegensatz dazu stand der eine Pausenfüller von Brandeins. In gut 15 Minuten entwickelte der Moderator Thomas Ramge mit seinen Gesprächspartner Jürgen Erbeldinger ein interessantes Interview dazu, wie Innovation funktionieren kann, warum man aus Scheitern lernen kann und weshalb Computer aufgrund ihres Unvermögens mit Unschärfen zu arbeiten, niemals Kreativität und Wagnis ersetzen können.
Ebenso spannend, weil mit viel Engagement vorgetragen war der Vortrag von Brandeins Autor Wolf Lotter. Er hielt ein flammendes Plädoyer für „Zivilkapitalismus“. Letztendlich forderte er auf, das Jammern und die ewigen Forderungen einzustellen, und statt dessen sein Leben und Arbeiten selbst in die Hand zu nehmen, wenn man mit den Bedingungen unzufrieden sei. Sicher auch ein Appell an die anwesenden Zuschauer, sich zu trauen, Unternehmen zu gründen. Ein Beispiel dafür, was man in 15 Minuten vermitteln kann.
Den Abschluss meines Tages in der Station bildete die Session zu Wikipedia. Hier war das Podium interessant: zwei Mitglieder der Wikimedia Foundation und ein engagierter Administrator, der sich gleich zu Anfang mit seinen vielen Löschungen brüstete. In dem zu Dritt gehaltenen, launigen Vortrag wurde erneut das Spannungsfeld zwischen Crowd-Lexikon und den Interessen (von Firmen-) vertretern deutlich. Zwischen den Zeilen schwingt auf der einen Seite der Wunsch nach einer „zentralen Beschwerdestelle“ mit, auf der andere der Glaube an die „Weisheit der Crowd“. Ein immer noch gestörtes Verhältnis, vor allem auch in punkto Kommunikation. Offensichtlich, dass die Vorstände der Wikimedia Foundation „ihrem“ Admin nicht auf die Füße treten wollten. Meine Meinung: Immer nur auf das ehrenamtliche Engagement der Autoren zu verweisen und dafür Dankbarkeit und unendliche Toleranz zu erwarten, reicht nicht aus.
Den vorträglichen Abschluss fand der Tag im Basecamp in der Mitte Berlins, wo die „nextsau“ Content Marketing von den Diskussionsteilnehmern über die Bühne getrieben wurde. Dass das Thema aktuell ist, zeigte die überfüllte Location, angeblich über 220 Anmeldungen. Andererseits merkte man auch hier wieder die Unsicherheit der klassischen Werber und Marketingleute, sich dem Thema offensiv zu nähern. Schöne Bildchen, plakative Kampagnen, rechnerische Reichweiten und Beratersprech zählen im Content Marketing halt weniger. Der PR-Fachmann auf der Bühne war deshalb auch überzeugender und brachte zum Glück auch Beispiele abseits von Coca-Cola, Adidas (auf der Bühne) und Mercedes-Benz (auf der Bühne), Stichwort „Tablettenpresse“. Sein Tipp: Geschichten suchen, wo sie entstehen, auch an der Werkbank. Meine Meinung: PR kann Inhalte!
Insgesamt also ein ereignisreicher Tag. Vollgepackt mit inspirativen Begegnungen. Ich und wir sind gespannt, was heute folgt. Folgen Sie uns auf unseren Wegen durch die re:publica @MiuSuCo oder @MarkusPfl
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[…] Woche fand ja die re:publica 2013 in Berlin statt. Ich selbst war leider nicht dabei, dafür aber mein lieber Freund und Kompagnon Richard […]
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