Whatsapp ist unheimlich. Zeit sich zu verabschieden.

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Ich brauche einen neuen Trockner. Der alte hat meinen Reparaturversuch nicht überstanden. Darüber habe ich  mich mit meiner Frau ausgetauscht. In Whatsapp, der beliebten Messaging-App. Beim nächsten Besuch in Facebook bekam ich dort Werbung angezeigt. Für einen deutschen Markentrockner. Gut, dass wir nicht über unser Sexleben gewhatsappt haben.

Whatsapp trascht mit Facebook

Whatsapp trascht mit Facebook

Das klingt lustig, ist es aber nicht. Es ist gruselig. Was passiert als nächstes? Wir diskutieren die Schulnoten unserer Kinder, und bekommen Angebote zu Nachhilfe? Riatlin? Was, wenn wir gesundheitliche Probleme haben? Ich hatte genug davon, und beschloss, Whatsapp den Rücken zu kehren. Mit einem öffentlichen Fluch auf Facebook. Die Reaktion meiner Freunde darauf überraschte mich dann aber.

„Endlich“ – „Ich bin schon bei Threema.“ – „Ich will ja schon lange, aber keiner macht mit“. Kurz und gut, mein genervter Aufschrei zeigte mir, dass ich nicht allein bin in meinem Ekeel gegenüber diesem gefühlten Eingriff ins Privatleben. In kurzer Folge hatte ich 30 Kontakte im alternativen (und hoffentlich nicht so datenhungrigen) Messanger. Die restlichen wollen wir gemeinsam dazu anhalten, Whatsapp den Rücken zu kehren. Ein digitaler Auszug aus Ägypten sozusagen.

Nicht unerwähnt soll auch bleiben, dass viele Bekannte ziemlich verunsichert waren. Manche vermuteten, dass das Smartphone jeden Tastendruck registriere und an Google weitergebe, andere berichteten, wie Sie Werbung basierend auf einer Unterhaltung geführt hatten, mit dem Smartphone in der Tasche. Das mag plausibel sein oder nicht, zeigt aber dass Facebook einen Bock geschossen hat mit seiner plattformübergreifenden Werbung. Die Empfindlichkeit der Nutzer ist hier sehr hoch.

Whatsapp hat seine Benutzer im Blick und trascht munter mit Marketern

Whatsapp hat seine Benutzer im Blick und trascht munter mit Marketern

Warum Whatsapp Werbung der falsche Weg ist.

Dabei bin ich nicht gegen Werbung, auch nicht gegen interessengesteuerte, gezielte Werbung. Ich meine aber, dass Facebook den falschen Weg gewählt hat, die Interessen seiner Whatsapp-Kunden als Grundlage von Marketing zu nutzen. Mit diesem Ansatz versucht der Social-Media-Riese, die Tendenz zur Werbevermeidung zu untergraben. Viel schlauer wäre es, auf diesen Wunsch der Kunden einzugehen. Man kann erwachsene Menschen nicht zwangsweise mit Werbung füttern. Aber man kann ihnen etwas anderes anbieten, was schmackhaft ist: nützliche Informationen. In anderen Worten: Content Marketing wäre der bessere Weg gewesen.

Content Marketing schafft keine Bedürfnisse, sondern befriedigt sie

Content Marketing ist, kurz gesagt, wie wenn der Marketer am Ziel vorbeizielt, aber einen Köder als Munition verwendet. Die Kunden sind im Idealfall selber auf der Suche nach dem Inhalt, sie gehen aktiv darauf zu. Ein guter Beispiel wäre ein Youtube-Tutorial zur Reparatur von Wäschetrocknern (bei meinem handwerklichen Geschickt vermutlich verlorene Liebesmüh). Angeboten von einem Ersatzteilhändler, oder einem Handwerker, der sein Geld mit kapuuten Trocknern macht. Frustrierte Bastler (wie im Falle dieses Autors) würden hier mit hoher Wahrscheinlichkeit Kunden. Ich denke sogar, dass vielen ein entsprechend im Facebook-Newsfeed platzierter Link dazu den meisten Nutzern nicht auffallen würde. Selbst wenn doch, wären sie vielleicht von der Nützlichkeit so überzeugt, dass sie den gefühlten Eingriff in die Privatsphäre vergeben würden.

Ich hoffe, dass der unsensible Umgang mit persönlichen Unterhaltungen von Kunden zu zweierlei führt: einmal dem größeren Bewusstsein seitens der Anwender, was sie für die Nutzung von kostenlosen Diensten wie Messanger, Mail oder Plattformen zahlen. Abstrakt mögen das die meisten wissen, persönlich erleben sie es jetzt. Kostenpflichtige Alternativen sind vielleicht die bessere Wahl. Zweitens dürfen Soziale Medien und Marketer nicht vor lauter Begeisterung über die neuen Möglichkeiten des Targeting in den Glauben verfallen, dass sie Frontalwerbung in jedem Kontext nutzen dürfen, ohne auf Gegenwehr zu stoßen. Der Adblocker wird sonst eine Lebenseinstellung, den Kunden in alle Lebensbereiche einbringen – und in ihre Browser, Smartphone, VR-Brillen und Smart TV. Nicht zuletzt aber bei der Wahl ihrer Apps. Zeit, das Whatsapp das Lehrgeld dafür zahlt.

 

1 Antwort
  1. Alexander Gerber says:

    Clash of cultures?
    Dem Vernehmen nach stören sich „nur Deutsche“ an einem solchen Werbeverhalten. Für Amerikaner und viele Briten sei so etwas OK und sogar erwünscht. Mag sein.

    Vielleicht sollte der Werbe-Zahlende dennoch etwas mehr über die Wirksamkeit seiner Maßnahme reflektieren.
    Der menschliche Geist ist sehr gut darin, Dinge auszublenden, die er nicht wahrnehmen will.
    Wenn das bei den Quellen des Geldzuflusses begriffen wurde, wird der Plattformanbieter (Facebook) sein Angebot sehr schnell anpassen.

    Anders als sie sich öffentlich gerieren sind diese Unternehmen nämlich mehr „Followers“ als Inventors.

    Insofern: volle Zustimmung.

    Bis auf ein Detail: mir erschloss sich der Mehrwert solcher Messenger-Anwendungen für den NUTZER bisher nicht. Daher bin ich (derzeit noch) um WhatsApp, Threema und dergl. herumgekommen.
    Allerdings werden die Kinder auch jeden Tag größer …

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