Wir müssen kurz reden – warum Pressemeldungen oftmals zu lang geraten

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Eine lange Pressemeldung im Abfall

Was hat heiße Asche aus dem Kamin oder Ofen mit einer Pressemitteilung gemeinsam? Beides sollte nicht in die Tonne.
Während sich ersteres in den letzten Jahrzehnten (hoffentlich) erledigt hat, landen Pressemitteilungen immer öfter im Redaktions-Mülleimer.

Aus vielen, wirklich vielen Gesprächen mit Redakteuren weiß ich, dass sich diese im Durchschnitt gerade einmal ein paar Sekunden Zeit nehmen, um die Relevanz einer Pressemitteilung zu prüfen, bevor diese entweder im virtuellen Papierkorb landet oder als Hintergrundinfo für eine kommende News gespeichert wird. Man sieht es den Pressevertretern auch nach; selbst dann, wenn man als PR-Berater, wie ich einer bin, schon sehr traurig darüber sein kann – oder muss, dass sein Werk nicht einmal geöffnet wurde.

Der Überlauf-Filter

Vor einigen Jahren schickte mir ein Redakteur eines auf IT- und Telekommunikation spezialisierten Verlags nach einer recht hitzigen Diskussion einen Screenshot aus seinem Outlook. Anständig geschwärzt bzw. mit Weichzeichner an pikanten Stellen anonymisiert, demonstrierte er mir damit, dass er

  • von Montag bis Donnerstag insgesamt fast 1.400 Pressemeldungen erhalten hat (und freitags trudeln sicher noch ein paar mehr rein)
  • weit über 1.000 davon sofort in den Papierkorb verschoben wurden
  • die restlichen peu à peu und im Schnelldurchlauf auf ihren Nutzen hin gecheckt wurden, um dann in entsprechende Themenordner verschoben zu werden.

Für die Prüfung relevant, so sagte mir der Redakteur, legt er nicht wirklich strenge Regeln oder Algorithmen an. Aber ein gewisses Maß an Mindestvoraussetzungen sollte es dann schon sein:

  • Absender bekannt bzw. Unternehmen relevant
  • Inhalt bereits im Betreff gut beschrieben
  • Einleitung transparent ob des folgenden Inhaltes
  • Und ganz wichtig: kein Roman, der einschläfert – sondern eine kurze, knackige Pressemeldung

Es ist nachvollziehbar, dass ein Medienschaffender so vorgehen muss, denn wenn ich mir vorstelle, pro Tag nahezu 400 Pressemeldungen zu bekommen – je nach Publikation sicher mal weniger, andere Redaktionen sicher aber mehr, dann verstehe ich eine solche Vorauswahl. Ich verstehe aber auch die Unternehmen bzw. meine Kunden, die ihre Neuigkeiten möglichst zeitnah und möglichst ausführlich an den Mann oder die Frau im Verlag bringen möchten. Damit dies gelingt, braucht es nur wenige Regeln zur Ausgestaltung einer Presseinformation, die auch „ankommt“ – in zweierlei Hinsicht.

Alles passt soweit, außer…

Gehen wir davon aus, dass das Unternehmen XYZ dem Redakteur als Player in seinem Themensegment bekannt ist, und nehmen wir weiter an, dass der Betreff der Pressemitteilung per E-Mail gut und selbsterklärend ausformuliert wurde. Wenn wir jetzt noch die goldenen Regeln der Einleitung eingehalten haben, also die W-Formel (wer, was, wo, wann, wie, warum), dann sollte doch alles passen, oder?

Grundsätzlich hilft all dies dabei, dem Pressevertreter möglichst kompakt einen Überblick zu verschaffen, was ihn bei der Lektüre der Meldung erwartet… wäre da nicht der eine fiese Fallstrick, der oftmals dazu führt, dass die Meldung ggf. zunächst zur Seite, später dann doch in den Papierkorb wandert: Die Länge.
Ich rate meinen Kunden regelmäßig dazu, Pressetexte – und damit meine ich sowohl Pressemitteilungen, Statements oder Webcontent als auch Anwenderberichte oder Hintergrundinfos – so kurz wie möglich zu gestalten. Zu diesem Thema gab ich vor einiger Zeit ein Webinar bei einem Kunden, dessen Schreib-Verantwortliche oft und schnell dem Wunsch verfielen, alles so präzise wie möglich zu erläutern. Aber wie tief sich ein Redakteur in dieses Thema eingräbt, sollte ihm überlassen werden. Diese Spezies ist dafür bekannt, keinerlei Scheu zu haben, etwaig fehlende Details nachzufragen. Der Vorteil einer kurz gehaltenen PI: Sie kann, so sie dann auch gut geschrieben ist, im besten Fall einfach per Copy & Paste ins Layout eingepasst werden.

Dazu kommt, dass Pressemeldungen mit einer ausufernden Länge oftmals schon aus Zeitgründen nicht vollständig gelesen werden können. Während Sie diese Zeilen lesen, haben Sie bereits über 4.000 Zeichen im Kopf verarbeitet. Merken Sie was? Ganz schön anstrengend, oder? Und ich bin noch nicht mal bei des Pudels Kern angekommen. Denn der kommt jetzt – in Form von ein paar kleinen Hinweisen.

In erster Linie schreiben wir Pressemeldungen für Journalisten zur Information, zur Orientierung oder als Einladung, manchmal auch als Background für Artikel. Doch nicht jede Meldung „kommt an“:

  • Das Thema passt (momentan) nicht
  • Journalisten sind überlastet
  • Die Meldung fällt nicht auf – oder hinten runter

Wichtig ist: Journalisten lernen nicht. Wir gewöhnen keinem Pressevertreter an, fortan unsere News gefälligst zu lesen. Im Gegenteil. Journalisten sind „Insider“, sie kennen die Branche, kennen Fachtermini, wollen Trigger-Stichpunkte. Und sie haben wenig Zeit, wollen auf den Punkt kommen.

Der Kuss des Esels

Sie, lieber Leser, laufen Gefahr, doch wieder in das alte Muster zu verfallen, alles möglichst ausführlich erklären zu wollen? Dann halten Sie sich hilfsweise an die Eselsbrücke KISS – KEEP IT SHORT AND SIMPLE.

Versuchen Sie nicht, in mehreren Revisionsdurchläufen eine Presseinformation zu verschlimmbessern , indem jeder, der in den Abstimmungsprozess der Pressemeldung eingebunden ist, jeweils noch seinen Lieblingssatz oder sein Lieblingsdetail unterbringt. Schmücken Sie niemals den Text künstlich aus, hier noch was und da noch was. Kurze, prägnante Sätze mit Fakten dienen dem Schreiber in der Redaktion mehr als verzweigte Einschätzungen oder die lange Erklärung. Dabei können Sie sich an eine ebenfalls einfache Regel halten: Hauptsachen gehören in Hauptsätze. Wer diese wenigen Regeln beim Schreiben im Hinterkopf hat, offenbart sich gegenüber den Journalisten als empathischer Profi. Und das ist nicht das schlechteste Image für Pressearbeiter.

Übrigens: Wir liegen jetzt bei mehr als 5.000 Zeichen. Viel zu lang für eine Presseinfo.

 

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