Zwiespältiger Erfolg der it-sa: IT-Gefahren steigen, Messe weiter im Aufwind
Des einen Leid, des anderen Freud: Während alle Branchen unter den ständig wachsenden Bedrohungen durch Cyber-Kriminalität leiden, freut sich die Messe Nürnberg. Die it-sa, Europas führende IT-Sicherheitsmesse, verzeichnet erneutes Wachstum. Die Messegesellschaft meldet mehr als 25.800 Besucherinnen und Besucher, das sind 33 Prozent mehr als im letzten Jahr. Die Zahl der Aussteller ist ziemlich genau um 100 auf 897 gestiegen. 80 Prozent der Hallenfläche dieses Jahres seien bereits wieder vorgebucht. Grund genug für die Messegesellschaft NürnbergMesse, für 2025 die Öffnung einer fünften Halle für die it-sa (7. – 9. Oktober 2025) anzukündigen. Wer weiß, vielleicht werden schon 2025, dann im 16ten Jahr ihres Bestehens, die magischen Tausend Aussteller überschritten. Die Aussteller zumindest halten die Messe nun für erwachsen genug, auch außerhalb des Messegeländes, etwa am Hauptbahnhof zu plakatieren. Auch das Rahmenprogramm ist gewachsen und das Marketing der Unternehmen um die Messepräsenz wird professioneller, nicht zuletzt scheint auch die Zahl der Medienvertreterinnen und -Vertreter vor Ort zugenommen zu haben – was uns als PR-Agentur natürlich besonders interessiert.
Letztes Jahr haben ja schon einige auf der it-sa „die neue CeBIT“ ausgerufen. Beim Blick in die Messehallen der it-sa in diesem Jahr erscheint das zumindest nicht ganz unmöglich. Dichtes Gedränge, vor allem bei den Who-is-Whos der Branche, die meistens auch mit angemessenen Ständen präsent waren. Aber auch am Hallenrand und an den Ständen der kleineren nicht ganz so bekannten oder gar unbekannten Unternehmen schien sich zumindest Dienstag und Mittwoch als ich auf der Messe war, niemand zu langweilen. Hoch im Kurs stehen vor allem wieder die Themen Managed Security Services und Security Operations Center, die gefühlt jeder Stand, der größer als 80 Quadratmeter war, im Angebot hatte; KI als Thema war natürlich obligatorisch.
Martialisches Messe-Marketing
Knapp und eng bekleidete weibliche Standmitarbeiterinnen waren dieses Jahr nicht zu sehen, dafür hatte die Präsenz von Polizei und sonstigen Sicherheitskräften auf der Messe deutlich zugenommen. Denn nicht wenige Unternehmen veranschaulichten das Thema Sicherheit durch Männer (und wenige Frauen), die sich mit schwarzen uniformartigen Overalls mit der Aufschrift Security oder SEK durch die Gänge schoben. Ergänzend parkten natürlich entsprechende Transportautos mit Polizeimarkierungen und in Tarn- und Fleckfarben in und vor der Messe. Nicht unbedingt eine einfallsreiche und sympathische Marketingidee, wie ich finde.
Messeangebot verbreitert
Interessanter fand ich zwei Aspekte: Neben den klassischen IT-Sicherheitsangeboten findet man auf mittleren und kleineren Ständen mittlerweile auch Angebote am Rande der IT-Sicherheit und sogar am Rande der IT.
Am Rande der IT-Sicherheit sind Unternehmen, die beispielsweise das Industriethema OT abdecken. Operational Technology steht für die Infrastruktur, die benötigt wird, um Maschinen zu steuern. Bis vor einigen Jahren waren IT und OT streng getrennt; die fortschreitende Digitalisierung bringt aber beide Bereiche immer näher zusammen. Damit dringen auch die Sicherheitssorgen der IT in die OT-Welt vor, weshalb Sicherheitsmaßnahmen auch auf die Maschinen ausgeweitet werden müssen. Ebenfalls gesichtet wurden Telekommunikationsunternehmen, die sichere Kommunikation in IP-Netzen anbieten.
Interessant auch ergänzende Angebote, die bei der Vielfalt der Anbieter – abzulesen an der Zahl der Aussteller – auch notwendig sind. Zum Beispiel CyberCompare, ein Startup aus dem Hause Bosch oder neudeutsch: „A Bosch Business“, das sich darauf spezialisiert hat, Unternehmen beim Einkauf von IT-Sicherheit zu unterstützen. Unabhängig begleitet man Firmen von der Bedarfsermittlung über die Ausschreibung bis hin zur Anbieterauswahl. Dabei hilft natürlich die Erfahrung aus dem Mutterkonzern Bosch.
Ebenfalls nicht die klassische Endpoint-Sicherheitssoftware ist die Security Scorecard, eine Lösung, die von Bechtle Network & Security Solutions vertrieben wird. Mit der Security Scorecard können Unternehmen ihre Lieferanten auf potentielle IT-Sicherheitsgefahren beobachten lassen. Ermittelt werden aus öffentlich zugänglichen Quellen zum Beispiel verwendete Softwareversionen, Updatestatus, offene Ports usw. Über die geprüften Lieferanten wird ein Report erstellt, der Auftraggebern ermöglicht, auf stärkere Sicherheitsmaßnahmen zu drängen oder ggf. den Lieferanten zu wechseln. Bei den Risiken, die in der Supply Chain liegen, erscheint auch das ein plausibler Service.
Und ich habe Janus gesehen, den Licht- und Sonnengott der alten Römer, der unter anderem „Unternehmungen Schutz und Unterstützung gewähren sollte“ (lt. Wikipedia). Er ist Namensgeber der gleichnamigen Software, die eine Wechseldatenträgerschleuse betreibt. Das Wortungetüm lässt auch gleich auf den Einsatzzweck schließen: vornehmlich Behörden, v. a. Bundesbehörden. Mit Janus können USB-Sticks und andere Wechseldatenträger sicher in Firmen- und Behördennetzwerken verwendet werden. Eine Linux-basierte Software, die eine Appliance betreibt, also einen Rechner, an dem externe Speichermedien angesteckt und die Dateien sicherheitstechnisch durchleuchtet werden – erst wenn keine Gefahr von den Dateien ausgeht, werden sie aus dem Rechner im Firmennetz abgelegt. Da ist man doch gleich erleichtert, dass man nicht einen USB-Stick im Einwohnermeldeamt oder beim Finanzamt in einen x-beliebigen Behördenrechner stecken kann.
vibrio auf der it-sa
Noch mehr als die letzten Jahre war die it-sa 2024 auch ein Anlass, Medienvertreter zu treffen; sei es zufällig am Einlass oder auf den Gängen oder im Vorbeigehen auf Ständen gesichtet. Unserer Einschätzung nach gehört es zum Wesen des Erwachsenwerdens einer Messe, dass der Branchentreff auch für die Beziehungspflege mit Journalisten genutzt wird, in diesem Jahr vermehrt formell, das heißt mit festen Terminvereinbarungen.
Die jährliche it-sa Give-away Einschätzung
Vorneweg: Auch ein geschenkter Kaffee ist eine Art Give-away. Selten habe ich so eine hohe Dichte an professionellen Kaffeemaschinen wie auf der diesjährigen it-sa erlebt. Die Qualität der Cappuccinii war durchgehend hoch, ab und zu waren sogar die dazu geführten Gespräche angenehm und weiterführend.
Leider sind nutzlose, billige Plastikprodukte wie Stressbälle oder Enten immer noch an vielen Ständen gang und gäbe. Das Angebot an Socken ist etwas zurückgegangen. Dafür wurden Notizbücher im Format A5 und kleiner in verschiedensten farbigen Varianten vielerorts gesichtet. Und selbst ein Hardcover-Lesebuch habe ich auf der Messe entdeckt: Die finnischen Withsecure (mittlerweile nur noch für Endverbraucher mit dem Namen F-Secure unterwegs) hat den Thrillerautor Christian Rönnbacka aus ihrem Heimatland bei der Umsetzung des Henna-Björk-Romans „Code“ beraten. Das auf Deutsch übersetzte Buch gab es am Stand, natürlich nur gegen Namensschild-Scan und ein angenehmenes Gespräch über finnische Gebräuche von Heavy Metal bis Sauna.
Immer noch nicht herumgesprochen hat sich an vielen Ständen leider, dass man Süßigkeiten besser mit einer Zange als mit Hunderten Messehänden aus dem Glas grabbeln lassen soll. Von Vorteil ist da eine Verpackung – die Österreicher sind hier mit der Mannerschnitte im Vorteil, sie ist auch quadratisch und praktisch, schmilzt aber weniger schnell als der sportliche Ritter und war deshalb oft anzutreffen, nicht nur am österreichischen Gemeinschaftsstand.
Apropos Österreicher: Mein diesjähriger it-sa Lieblingsfirmenname ist lywand software; finde ich mutig von dem jungen Unternehmen, mit österreichischem Slang in einer eher internationalen Branche brillieren zu wollen – aber die Schreibweise funktioniert schon mal. Ich bin gespannt, ob ich sie nächstes Jahr auf der it-sa, von 7. bis 9. Oktober 2025 wieder treffe. (Wer wissen will, was sich hinter dem Namen verbirgt, gucke hier.)
Quellenhinweis: alle Fotos vibrio, Dorothee Bader und Markus Pflugbeil, außer Messestand G DATA von G DATA.
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