Markenführung – die Glamourisierung im Unternehmen
„Ich liebte sie, nicht weil wir zusammenpassten, ich liebte sie einfach.“ Das Zitat aus dem Hollywood-Film „Der Pferdeflüsterer“ bezog sich natürlich nicht auf eine Marke, aber es fasst perfekt zusammen, was gelungene Markenführung ausmacht. Kunden „lieben“ manche Marken „einfach“ obwohl es genug Alternativprodukte gibt. Was machen die erfolgreichen Markenartikler hier richtig? Wie bekomme ich ein bisschen „Hollywood“ in mein Unternehmen?
Was Marke muss
Eine Marke ist zunächst einmal – ganz schlicht – ein rechtlich geschütztes Zeichen. Die Popularität in der Zielgruppe haucht ihr Leben ein. Wir orientieren uns an Marken, weil wir gute Erfahrungen machen. Der Griff zu einem Markenprodukt ist immer verbunden mit einem Anspruch an Qualität und teilweise auch mit einem Statusdenken bzw. dem Wunsch verbunden, eine Zugehörigkeit nach außen zu tragen. Bei Low-Interest-Produkten greifen viele aus Tradition oder Gewohnheit zu bestimmten Marken. Faktoren wie Qualität, Design, Geschmack müssen für eine langfristige Kundenbindung stimmen. Eine Marke verspricht uns, gewisse Erwartungen zu erfüllen. Bricht die Marke ihr Versprechen, verprellt sie ihre Kunden.
Dr. Oetker als Pionier der Markenführung
Beispielhaft für erfolgreiche Markenführung ist Dr. Oetker, einer der ersten Markenartikler überhaupt. Zu einer Zeit, als es Backpulver nur in großen Packungen für professionelle Bäckereien gab, entwickelte Dr. August Oetker „Backin“. Er füllte das Backpulver in kleine Tütchen und leitete die Hausfrau mithilfe eines Rezeptes auf der Verpackung an, das ihr neue Produkt optimal einzusetzen. Das Verkaufsversprechen war die „Gelinggarantie“: Familien sitzen ab sofort zufrieden am Kaffeetisch, weil das Gebäck so gut schmeckte wie bisher, aber locker war wie nie. Das Pulver hielt was das Marketing versprach und bildete vor über 120 Jahren die Basis für den Erfolg.
Dr. Oetker war ein Könner der Markenkommunikation. Er sagte, dass nur kluge Köpfe seine Produkte verwenden. Was für eine clevere Aussage über die Zielgruppe! Der Hausfrau
wurden subtil Respekt und Anerkennung entgegengebracht. Sein Warenzeichen wurde ganz konsequent der helle Frauenkopf, hell im doppeldeutigen Sinne. Selbst ein Markentransfer in den 70er-Jahren auf Tiefkühlprodukte gelang Dr. Oetker.
Marke ist Chefsache
Für den Aufbau und die Entwicklung einer Marke bedarf es einer strategischen Markenführung – online und offline. Und selbst wenn der Chef eher Produktentwickler als Marketer ist, hier muss er ran! Die Geschäftsführung bestimmt den Markenkern. Bei der Definition der Corporate Vision, der Mission des Unternehmens und seiner strategischen Ziele, können die Stabsstellen unterstützen. Bestenfalls zieht sich das Unternehmen mit Vertretern aus unterschiedlichen Abteilungen zu einem Marken-Workshop zurück und brainstormt: Große Marken sind immer mit Emotionen aufgeladen, die dafür nötigen weichen Faktoren können sehr gut im Team abgefragt werden.
Der Mitarbeiter als Markenbotschafter
Dieses so entstandene Corporate Messaging sollte jeder Mitarbeiter kennen, damit er weiß, wofür er sich jeden Tag ins Zeug legt. Die Mitarbeiter treten als die ersten und authentischsten Markenbotschafter nach außen. Sie sind glaubwürdig und durch ihre persönlichen sozialen Netzwerke häufig ganz nah dran an wichtigen Multiplikatoren. Kein Unternehmen kann es sich heute leisten, auf die Kommunikationspotenziale seiner Mitarbeiter zu verzichten. Apps wie Smarp ermöglichen, dass Mitarbeiter Wissen teilen und Botschaften kommunizieren. Sie erleichtern so das Employee Branding und unterstützen das Storytelling. Dabei profitieren beide Seiten: der Mitarbeiter durch einen bonusähnlichen Anreiz als auch das Unternehmen durch mehr Sichtbarkeit.
Die Bedeutung des Monitoring für die Markenführung
Sind Produkt und Unternehmen analysiert, das Profil geschärft und die Belegschaft auf Kurs gebracht, geht es ran an die Analyse der Zielgruppe. Passt die Marke zur Zielgruppe und andersrum? Was macht die Zielgruppe, was braucht sie, was könnte sie brauchen? Wo sind die Touchpoints? Wie kann ich sie dort überzeugen?
So loyal unser Kunde sein mag, so beschäftigt und agil ist er. Täglich nimmt er rund 1.000 Marken online und offline wahr. Hinzu kommen Stimmen und Bewertungen Dritter. Marken werden nur dann durch dieses ständige Gemurmel hindurch hörbar, wenn sie auf individualisierte Ansprache setzen und so viel wie möglich über ihren Kunden in Erfahrung bringen.
Diese Informationen waren nie so detailliert zu ermitteln wie heute. Auch für Low-Interest-Produkte wie Backpulver, wo der Kunde häufig aus Gewohnheit zu einer bestimmten Marke greift, kann ermittelt werden, wie er agiert, was er mag und wo er sich aufhält. Im Rahmen einer Studie rund um „Big Data im Marketing“ ermittelte das Softwareunternehmen Adobe im vergangenen Jahr, dass 96 Prozent der Marketer in einer daten- und wissensbasierten Kundenansprache den Erfolgsfaktor von morgen sehen.
Online-Monitoring ist heute unverzichtbar für die PR. Es dient der Marktforschung, der Themenrecherche und der Optimierung von Maßnahmen. Auch Trends können so schneller erkannt werden, um Kampagnen punktgenau zu steuern.
Ein differenziertes Monitoring mithilfe geeigneter Tools – das i3-Monitoring-Angebot von vibrio basiert auf Brandwatch – übernimmt also diverse Funktionen für eine differenziertere Kommunikation und bringt die PR in eine exponierte Lage.
Die PR in der digitalisierten Markenführung
Ohne die Unternehmenskommunikation unter Berücksichtigung aller digitalen und analogen Kanäle ist Markenbildung unmöglich. Die PR setzt dabei auf Glaubwürdigkeit und Authentizität. Sie schafft Vertrauen und etabliert Beziehungen. Zu ihren Aufgaben zählt seit jeher die strategische Kommunikation mit verschiedenen Stakeholdern. Ein funktionierendes Netzwerk aus Multiplikatoren, Influencern und Opinion Leadern ist essenziell für eine gelungene Markenführung. Die Öffentlichkeitsarbeit im Unternehmen ist also DIE Stabsstelle schlechthin für die Marke! Hier sitzen die Trüffelschweine der Themenrecherche, die Konzernjournaille, die Kundenpfleger – die Markenflüsterer.
Sie sollten wissen, wie und wann welcher Kanal und Ansprechpartner zu pflegen ist. Es geht nicht nur darum, Produkte und die egozentrische Unternehmenssicht nach draußen zu tragen. Selbstdarsteller haben die Welt und das Netz genug. Die PR ist heute als Schnittstelle im Unternehmen noch flexibler und umfangreicher einsetzbar. Sie nutzt das Online-Marketing zur Interaktion mit dem Kunden und unterstützt somit den Vertrieb, sie kann mit Kritik und Kommunikationskrisen umgehen und übernimmt das Beschwerdemanagement. Sie motiviert Mitarbeiter, macht die Unternehmenskultur spürbar und wirbt somit neue Teammitglieder an. So arbeitet sie der Personalabteilung zu. Sie testet Ideen aus dem Produktmanagement. Sie bringt die Marke den Menschen näher. PR managt diese Herausforderungen bestenfalls gelassen und souverän, macht aus Shitstorms ein laues Lüftchen, bestätigt damit bestehende Kunden und überzeugt Wackelkandidaten. Der direkte Draht zu den Stakeholdern erlaubt es der PR, hineinzuhorchen und Bedürfnisse zu erkennen, was wiederum der Markenbildung zugutekommt. Die Unternehmensführung sollte seinen Öffentlichkeitsarbeitern gut zuhören und ihnen Freiheiten einräumen. Ein zögerlicher Freigabeprozess blockiert – egal ob offline oder online. PR muss manchmal einfach schnell sein. Reaktionsschnelligkeit auf Anfragen von Journalisten, Bloggern oder aus der Community sind Pflicht.
Geschichten hinter den Kulissen
Wertige Produkte, eine nachhaltige Unternehmensführung, zufriedene Mitarbeiter und Chefs mit Weitblick und Mut zu Stellungnahmen schaffen ideale Voraussetzungen, damit eine Marke wachsen und die PR sie pflegen kann. All dies erleichtert ein Storytelling. Neben den Themen aus der Produkt- und Unternehmensentwicklung verlangen Multiplikatoren – je nach Branche oder Ressort – nach Meinungen zum Markt, Zahlen und Fakten, Visionen und Trendanalysen sowie allem was menschelt. Sie wollen Einblicke backstage und das Gefühl, etwas Besonderes zu bekommen. Mit der Marke müssen Geschichten verbunden sein, die rühren, sympathisch sind oder spannend. Mit ihnen sollten sich die Kunden identifizieren können.
Keiner mag oberflächliche Egomanen
Unternehmenskommunikation muss – für eine gelungene Repräsentanz der Marke – in die Tiefe gehen. Wer nach außen verkündet „Wir sind gut!“, erzeugt nur ein Gähnen. Gute Qualität und ein „exzellenter Kundenservice“ reichen nicht. Diese Begrifflichkeiten haben auch nichts verloren in Broschüren, Websites und Pressemitteilungen. Wie aber lasse ich die Öffentlichkeit glauben, dass meine Dienstleistungen und Produkte herausragend sind? Mit Statements zum Markt, mit mutigen Standpunkten, mit Ratschlägen und Tipps, die einen Mehrwert bieten.
Dank Monitoring und der Social-Media-Plattformen ist die PR um einige Kanäle und Millionen von Multiplikatoren reicher, um hier Botschaften strategisch zu platzieren, um locker zu interagieren und die Unternehmenskultur nach außen zu tragen. Der Kanal muss aber zur Botschaft und zur Zielgruppe passen! All die Digitalisierung, AI, Chatbots und Big Data helfen der Marke nicht, wenn der Mensch aus den Augen verloren wird.
Clever ist, wer seine Kunden sprechen lässt. Erfolgreich ist, wer es schafft, eine echte Fanbase aufzubauen. Sie zeigen mit ihren Interaktionen und Bewertungen, wie sie für die Marke brennen (Stichwort Earned Media). Alle Anstrengungen des Unternehmens müssen also abermals den Kunden in den Fokus nehmen.
Influencer Marketing – Vorbilder schaffen Verlangen
Kein Markenmacher kommt zurzeit um das Influencer Marketing herum. Die Zielgruppen folgen Vorbildern und Experten auf Instagram, YouTube und Facebook. Fast ein Drittel (31 Prozent) der Verbraucher sind aufgrund des Posts eines Social Influencers zum Kauf eines Produkts oder einer Dienstleistung bewegt worden. Influencer verleihen Unternehmen die Chance, relevante Zielgruppen im Web zu erreichen und mit „emotionalem Content“ Empathie für ihr Unternehmen zu schaffen. Ein Beispiel neuerer Zeit und zugleich ein Exempel für ein ganz besonderes und gelungenes Influencer Marketing zeigt „Grenzgänger“.
Hier gab es „nur“ einen verrückten Motorradfahrer mit einer großen Fanbase auf YouTube. Der Lifestyle von YouTuber „querly“ wurde in eine Marke mit dem passenden Namen Grenzgänger gegossen, ein Shop gelauncht, der nur wenige Tage im Monat online ist und auch aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit Begehrlichkeiten bei der Zielgruppe weckt. Wer wiederum querly auf YouTube treu folgt, sieht auch die Teaser, in denen die „Öffnungszeiten“ genannt werden. Inzwischen sind auch andere Influencer an Bord, ein Profifahrer, der klassisch gesponsort wird und die Kunden selbst, die die Marke dank User Generated Content weitertreiben (Details dazu bei den Online Marketing Rockstars). Das funktioniert, weil die Vermarktung authentisch wirkt.
Markenführung bis ins Detail
Konsequente Markenführung erstreckt sich bis ins kleinste Detail: Beim Sound Branding assoziiert der Kunde Geräusche und Melodien mit Marken. Beispiele wären der Jingle der Telekom, das Knacken des Leibniz-Kekses oder das Zischen beim Öffnen einer Colaflasche. Autohersteller lassen die Türen ihres Fahrzeugs im Werbeclip satt, schwer und dumpf ins Schloss fallen. So wiegt sich der potenzielle Käufer in Sicherheit. Die maßgeschneiderte Schmutzfangmatte im Foyer, Warteschleifenmusik, Werbung, Mitarbeiter und Produkteigenschaften – sie alle machen die Marke aus.
Damit Marken nicht sterben
Wenn sich Kunden für ihre Marke stark machen, kann von gelungener Markenführung die Rede sein. So geschehen bei „Astra“, als sich treue Fans und die Stadt Hamburg für den Erhalt der Brauerei bzw. des Bieres einsetzten als der Ruin drohte.
Austauschbarkeit und der Verlust der Einzigartigkeit sind Gift für eine Marke. Gute Markenführung lässt Wandel zu und scheut sich auch nicht vor langfristigen Imageveränderungen. Audi beispielsweise avancierte sukzessive von der Spießerkarre zum Edelfahrzeug.
Wer seine Marke dauerhaft erfolgreich halten will, muss immer den Menschen, seine Gefühlswelt und seine Zufriedenheit adressieren – und darf nicht gierig sein.
Douglas N. Daft, ehemaliger CEO von Coca-Cola, bringt den Auftrag für jeden Marketer auf den Punkt:
„Over the past several decades, we’ve been considered one of the very best models of a company doing business successfully on a global basis […] But then the world kept changing […] Frankly, we were so successful that we did not even see the change coming […] The key to our success will come from reconnecting with our roots […]
Instead of seeing consumers we must see people.
Instead of seeing markets we must see societies.
Instead of seeing transactions we must see relationships.
Instead of seeing differences as obstacles we must see them as opportunities.
Instead of seeing local as a fraction of global we must see global as a composite of local.“
Quellen:
Der jährliche Bericht über die wertvollsten Marken Deutschlands, 2016
Marco Rose: Markenführung in Theorie und Praxis: Eine exemplarische Analyse, Diplomarbeit, 2005
Adobe Studie: Data Driven Marketing auf dem Vormarsch
Olapic Studie: Die Psychologie hinter dem Influencer Marketing, 2017
„GRENZGAENGER“: Wie dieser Online-Shop dank einem Motorrad-Influencer siebenstellige Umsätze macht
Franz-Rudolf Esch Andreas Wicke , Jan Eric Rempel: Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements . In: Franz-Rudolf Esch (Hrsg.), Moderne Markenführung, 2005
Beitragsbild: Jess Watters on Unsplash
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