Social Selling gewinnt im Zeitalter des Content-, Social-Media- und Inbound- Marketings immer mehr an Bedeutung. Dabei geht es nicht nur um neue Tools, sondern um die Etablierung neuer Geschäftsprozesse und eine grundlegend neue Arbeitsteilung zwischen Vertrieb und Marketing.
Während sich Marketing darauf konzentriert Inhalte zu generieren, muss sich der Vertrieb im Social-Media-Zeitalter selbst um die Generierung von Leads kümmern. Ein Beispiel für strategisches Social-Selling ist die Lead-Generation und das Lead-Management mit LinkedIn.
Paradigmenwechsel in der Vertriebs-Marketing-Kooperation
Früher war die Sache einfach: Die vornehmste Aufgabe des Marketings war es – jedenfalls aus der Perspektive des Vertriebs – der Sales-Kollegschaft Leads zu beschaffen. Die Lead-Zettel vom letzten Messe-Auftritt, die Rückläufer aus der Mailing-Aktion, die Kontakte aus der Coupon-Anzeige wurden dem Vertrieb auf den Tisch gekippt und es hieß: „Nun macht mal Umsatz“.
Hat das mit dem Umsatz dann nicht geklappt, taugten, so der Vertrieb, die Leads nix oder der Vertrieb hat, so das Marketing, aus der tollen Vorarbeit der Marketing-Kollegschaft einfach wieder nichts gemacht. Der Konflikt zwischen beiden Abteilungen war vorprogrammiert.
Im Social-Media-Zeitalter sieht das plötzlich ganz anders aus: Nun muss sich immer häufiger der Vertrieb selbst um die Lead-Generation kümmern. Die Rache der Marketender? Nein. Es ist das Ergebnis zweier ziemlich neuer Phänomene.
Empfehlungsmarketing und Customer-Experience
Zum einen erleben wir, dass das Empfehlungsmarketing für den Vertriebserfolg immer wichtiger wird. In dem Maße, in dem Kommerzialisierung und Werbedruck in den vergangenen Jahren zugenommen haben, in dem Maße haben die potentiellen Kunden zahlreiche geschickte Strategien entwickelt, den Werbebotschaften elegant auszuweichen. Mit durchschnittlich rund 1.000 Marken-Kommunikationsakten täglich sind wir heute in Deutschland konfrontiert. Kein Wunder, wenn wir Ad-Blocker nutzen, beim Werbefernsehen umschalten und Werbeeinblendungen auf der kostenlosen Handy-App schneller wegklicken als unser Hirn für die Identifikation des Absenders bräuchte.
Stattdessen vertrauen wir regelmäßig Freunden in den sozialen Medien, unseren Peer Groups oder den neuen Experten auf den Produktbeurteilungsseiten von amazon über ciao bis TripAdvisor. Jeder zweite Bundesbürger nutzt heute vor einer Kaufentscheidung persönliche Empfehlungen.
Das ist im B2B-Bereich nicht anders als in B2C-Märkten. Das ist ein Grund für die Renaissance beruflicher sozialer Netzwerke wie LinkedIn und XING. Wir interessieren uns für unsere Kunden nicht nur in ihrer Kunden-Funktion, sondern als Teil der Branchen-Community. Wir recherchieren auf LinkedIn und XING ihren beruflichen Werdegang und sogar ihre Hobbies und persönlichen Vorlieben.
Von der Customer-Satisfaction zur Customer-Experience.
Im Content-Marketing kommen die Inhalte aus dem Zeitgespräch der Ziel-Branchen
Zum Zweiten generieren wir im modernen Content-Marketing unsere Themen für die Unternehmenskommunikation immer seltener aus dem eigenen Unternehmen, sondern immer häufiger aus dem Zeitgespräch unserer Ziel-Branchen.
Untersuchen Sie doch mal die Themen der Pressemitteilungen Ihres Unternehmens: Die autistische PR, also die Kommunikation über Produkte, Services, das eigene Unternehmen und Management ist die klassische old-school. Auch die partnerorientierte Kommunikation mit Case-Studies und Themen rund um Corporate-Social-Responsibility beherrscht heute schon viele Unternehmen. Aber nur Wenigen gelingt es, sich zum Themenführer der aktuellen Hype- und Trendthemen ihrer Ziel-Branchen zu entwickeln:
Social Selling mit LinkedIn ist State-of-the-art-Vertrieb mit Content Marketing, Storytelling, Empfehlungsmarketing und Lead Management
Modernes Social Selling mit LinkedIn verbindet die Anforderungen einer Storytelling-Strategie im Marketing mit den Anforderungen des Empfehlungsmarketings. Dabei unterwirft sich das Marketing dem Vertrieb: Der Vertrieb generiert seine Leads selbst, er qualifiziert und managt sie bis zum erfolgreichen Vertragsabschluss. Damit er aber die Fallstricke der Kaltakquise umgehen kann, reagiert er mit eigenen Inhalten auf Äußerungen seiner Leads. Die Bereitstellung dieser Inhalte ist der Beitrag des Marketings.
Wie sieht modernes Social Selling mit LinkedIn konkret aus?
Kaum anders als mit XING. Vieles von dem, was wir im Folgenden vorstellen, gilt auch für XING. LinkedIn ist aber heute das leistungsfähigere Tool zur Lead-Generation und zum Lead-Management. Das werden Sie in unserer Schritt-für-Schritt-Beschreibung sehen.
Die Kampagnenmechanik in der Übersicht
Eine Lead-Management-Kampagne integriert zahlreiche Module von LinkedIn:
Wir empfehlen Ihnen, für die Durchführung der Kampagne einen Sales Navigator Professional Account bei LinkedIn zu kaufen. Er kostet im Monat rund 60 Euro. Sollte die Kampagne von einem Team arbeitsteilig realisiert werden, dann erhöhen sich die Lizenzkosten auf rund 95 Euro.
Schritt 1: Leads anlegen mit dem LinkedIn Sales Navigator
Im ersten Schritt sollten Sie Ihre Zielgruppe möglichst genau definieren. Im Lead-Builder von LinkedIn können dann entsprechende Personen der Zielgruppe recherchiert werden. Die Definition der Zielgruppe kann sehr granular sein. Wir können zum Beispiel nach Job-Level, Verantwortungsbereich, aber auch konkret nach Unternehmen suchen:
Diese Leads werden nun im Sales-Profi gespeichert, ebenso die Accounts, also die Unternehmen, in denen diese Leads beschäftigt sind. So erhalten Sie eine erste Liste von Leads und Accounts, die Sie laufend erweitern können.
Eine Möglichkeit, Ihre Kontakte weiter auszubauen, ist es, sich auf der Grundlage der recherchierten Leads und Accounts weitere Personen und Unternehmen vorschlagen zu lassen.
Die recherchierten Personen wissen noch nicht, dass Sie sich für sie interessieren. Noch sind diese Leads kalt. Nichts verbindet Sie mit ihnen. Sie beobachten aber ab sofort Alles, was Ihre Leads und Accounts auf LinkedIn publizieren:
Die Beobachtung der Accounts dient vor allem der weiteren Perfektionierung Ihrer Lead-Liste.
In dem Moment, in dem sich einer Ihrer Leads zu einem Thema äußert, das Sie in Ihrem Redaktionsplan abgebildet haben (siehe nächster Punkt) nehmen Sie Kontakt auf und verweisen auf Ihren Content zum Thema, also auf:
- Ihr Firmenprofil mit News in LinkedIn
- Ihr persönliches LinkedIn-Profil
- Ihre LinkedIn-Fokusseite
- Ihren Blog-Beitrag auf LinkedIn Pulse
Damit sind Sie im Gespräch – unter Umgehung der Leiden der klassischen Kalt-Akquise. Sie reagieren auf eine Aktivität der Zielgruppe, diskutieren über deren Thema, sind affirmativ statt aggressiv, anregend statt lästig.
Schritt 2: Redaktionsplan
Wenn Sie, wie in Schritt 1 beschrieben, auf die Themen Ihrer Zielgruppen reagieren wollen, müssen Sie sich vorher einige Gedanken machen:
- Was sind die relevanten Themen unserer Zielgruppen? (Dafür benötigen Sie ein Themenmonitoring.)
- Zu welchen dieser Themen können Sie etwas Sinnvolles beitragen?
- Welche Kanäle wollen Sie mit diesen Themen bespielen?
- Die Beiträge sollen auf diesen Kanälen gefunden werden. Sie müssen also auch ein entsprechendes Keywording einführen und pflegen.
Wenn Sie diese Fragen beantwortet haben, erstellen Sie einen Redaktionsplan mit Ihren priorisierten Themen und der Keywording-Struktur. Diese Prozesse erläutern wir ausführlich unter „Storytelling im Prozessblick„.
Schritt 3: Kanäle bespielen
Ihre Beiträge zu den relevanten Themen veröffentlichen Sie immer auch auf Ihrer Website und in Ihrem Blog. Bei aller Liebe für LinkedIn: Das Herz jeder Unternehmenskommunikation sind heute die Website und möglichst auch ein eigener Blog.
Da Sie Medienbrüche für Ihre Leads im Moment der Ansprache vermeiden wollen, sollten Sie Ihre Themen auch in LinkedIn kommunizieren. Dafür stehen Ihnen derzeit folgende Kanäle zur Verfügung:
- Kurze Postings auf dem eigenen Profil
- Kurze Postings auf dem Unternehmensprofil
- Kurze Postings auf einer Fokusseite, also einem Themenprofil Ihres Unternehmens (In den USA sind diese Fokusseiten sehr erfolgreich; in Deutschland gibt es erst wenige Erfolgreiche wie die Industrie 4.0-Fokusseite der GTAI.)
- Komplexe Artikel auf dem Blog-System LinkedIn Pulse
- Broschüren, White-Papers, Foliensätze und Videos auf LinkedIn
LinkedIn Pulse
Auf Pulse können Sie klassische Blog-Beiträge mit integrierten Grafiken und Videos publizieren. Der Vorteil von Pulse: Empfindet eine Redaktion und/oder ein Algorithmus von LinkedIn den Beitrag oder seinen Autor bzw. seine Autorin als relevant, so wird dieser Beitrag nicht nur den eigenen Kontakten angezeigt, sondern auch allen Abonnierenden eines bestimmten Themenkanals von LinkedIn. So erreichen Sie sehr schnell weitere Kontakte. Diejenigen, die in irgendeiner Form auf diesen Beitrag reagieren, können gleich direkt kontaktiert oder in die Gruppe der Leads in LinkedIn Sales Profi aufgenommen werden:
Schritt 4: Unterstützung der Content-Kanäle durch LinkedIn-Anzeigen
Die bespielten Kanäle lassen sich über LinkedIn Ads wunderbar unterstützen. LinkedIn-Anzeigen funktionieren wie Google Ads, nur besser, denn sie sind zielgenauer. Exakter als mit LinkedIn können Sie die Zielgruppen, die Sie mit Ihrer Anzeige adressieren wollen, derzeit nirgendwo definieren.
Wie LinkedIn Ads funktionieren, haben wir auf unserem Blog in einer kleinen LinkedIn Ad-Anleitung beschrieben. LinkedIn Ads unterstützen Ihre Inhalte in den oben beschriebenen LinkedIn-Kanälen und damit Ihr Lead-Management mit LinkedIn.
Schritt 5: Der Kreis schließt sich – mit oder ohne LinkedIn-Gruppe
Wie im ersten Schritt beschrieben, kontaktieren Sie Ihre Leads in dem Moment, in dem sie sich zu einem Ihrer Themen äußern. Im einfachsten Fall liken oder kommentieren Sie ein solches Posting. Auf der nächsten Stufe senden Sie eine InMail (das ist das interne LinkedIn-Mail-System) an den Lead und verweisen auf Ihren Content, also auf Ihren Blogbeitrag in Pulse, Ihre laufend gut gepflegte Fokusseite zum Thema, und, wenn Sie eine eigene Gruppe zum Thema haben, dann laden Sie den Lead in Ihre Gruppe ein.
Entscheidend ist, dass Sie immer auf das Thema Ihres Leads einsteigen. Sie akquirieren nicht, sondern Sie führen einen Erfahrungs- und Meinungsaustausch. Es obliegt dem Geschick Ihres Vertriebsmitarbeitenden, was dann daraus wird – eine Kundenbeziehung, ein netter Kontakt, eine Partner- oder gar eine Freundschaft.
Ebenso entscheidend ist, dass Marketing und Sales eng miteinander kooperieren: Marketing als Produzent der Inhalte, der Vertrieb als derjenige, der Leads recherchiert und aus Leads unter Nutzung der Inhalte reaktiv aktive 1:1-Kontakte generiert.
Auch für die Publikation der Inhalte ist in erster Linie der Vertrieb zuständig, denn Pulse ist ein personengebundener Kanal. Einzig die Fokusseite ist eine Unternehmensseite und kann zentral vom Marketing ausgesteuert werden.
Beide, Marketing und Sales, können sich von Agenturen unterstützen lassen. Die Recherche der Leads, die Erstellung der Inhalte, das Bespielen von persönlichen und Unternehmens-Accounts können wir übernehmen. Aber die vornehmste Aufgabe, die Qualifizierung der Leads und der Aufbau wertvoller 1:1-Kontakte, ist und bleibt die Aufgabe der Vertriebsprofis. Wir Marketing-Experten sind dabei Dienstleister und gerne auch Projekt-Coaches. Wir beraten bei Theorie und unterstützen in der Praxis des Social Selling.